
No Security or Prosperity Without Climate Adaptation
Comment by Dr. Beatrice John, Vivianne Rau
News publ. 17. Apr 2025
Schwarz-rote Koalition plant abgeschwächte Anwendung des LkSG bis zur nationalen Umsetzung der CSDDD
Die neue Bundesregierung hat ihren Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode vorgestellt – und darin weitreichende Änderungen bei der Lieferkettenregulierung angekündigt.
CDU, CSU und SPD planen, das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das erst am 1. Januar 2023 in Kraft trat, erheblich abzuschwächen und durch eine „bürokratiearme“ Umsetzung der europäischen Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) zu ersetzen.
Der Koalitionsvertrag formuliert klar die Absicht, das bestehende LkSG durch die nationale Umsetzung der europäischen Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensführung (CSDDD) abzulösen. Gleichzeitig will die Regierung sich für eine „bürokratiearme“ Lösung in Europa einsetzen. Wörtlich heißt es im Koalitionsvertrag:
„Darüber hinaus schaffen wir das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ab. Es wird ersetzt durch ein Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung, das die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) bürokratiearm und vollzugsfreundlich umsetzt. Die Berichtspflicht nach dem LkSG wird unmittelbar abgeschafft und entfällt komplett. Die geltenden gesetzlichen Sorgfaltspflichten werden bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes, mit Ausnahme von massiven Menschenrechtsverletzungen, nicht sanktioniert.“ (1910 ff.)
"(...) und setzen uns dabei für eine bürokratiearme Lösung insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen ein. Wir schaffen dabei Rechts- und Planungssicherheit und unterstützen die Unternehmen bei einer guten Rechtsumsetzung." (2010)
Die geplanten Änderungen bedeuten, dass die Sorgfaltspflichten aus dem LkSG formal bestehen bleiben, bis die CSDDD in nationales Recht umgesetzt wird. Allerdings sollen diese nur bei „massiven“ Verstößen von Unternehmen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sanktioniert werden. Unklar bleibt jedoch, wie „massive Menschenrechtsverletzungen“ im Kontext der Bemühenspflicht definiert werden, welche Verstöße von Sanktionen ausgenommen sind und welche Maßnahmen, wie Risikoanalysen oder Abhilfemaßnahmen, weiterhin umgesetzt werden müssen.
Zudem sollen die Berichtspflichten nach dem LkSG unmittelbar abgeschafft werden und komplett entfallen, bis sie durch die EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung ersetzt werden. Um doppelte Berichtspflichten zu vermeiden, sieht die CSDDD derzeit vor, dass Unternehmen über ihre Maßnahmen zur Umsetzung der unternehmerischen Sorgfaltspflicht im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) berichten können. Demnach müssten Unternehmen keine separate Erklärung nach der CSDDD veröffentlichen, sofern sie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD verpflichtet sind. Die Prüfung der LkSG-Berichte durch das BAFA wurde bereits im November 2024 durch die scheidende Bundesregierung auf den 1. Januar 2026 verschoben (siehe 13.3. im BAFA FAQ zum LkSG).
Für Unternehmen bedeutet dies eine Übergangsphase mit scheinbar reduzierten, tatsächlich jedoch vor allem unklaren Anforderungen, bis die CSDDD nach Abschluss des Omnibus-Verfahrens in ihrer finalen Form in Kraft tritt. Entscheidend wird sein, wie das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union den Vorschlag der Europäischen Kommission im Rahmen der bevorstehenden Trilog-Verhandlungen zur Überarbeitung der CSDDD bewerten. Dabei besteht die Sorge, dass schwerwiegende Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt möglicherweise nicht ausreichend adressiert werden, wie wir in unserem Artikel „Omnibus-Paket in Kürze“ vom 7. April 2025 beschrieben haben.
In Deutschland: Die CSU hat bereits am 10. April 2025 ihre Zustimmung zum Koalitionsvertrag signalisiert. Eine Abstimmung im Rahmen eines kleinen Parteitags durch die CDU ist für den 28. April geplant. Die SPD wird ihre Parteimitglieder bis zum 30. April im Rahmen einer digitalen Abstimmung über den Vertrag entscheiden lassen.
In der EU: Der „Stop-the-Clock“-Vorschlag, der die Fristen zur Umsetzung zentraler Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit und Sorgfaltspflichten in Unternehmen nach hinten verschiebt, befindet sich nach einem Schnellverfahren kurz vor dem Abschluss. Die inhaltlichen Anpassungen (Content Directive) hingegen unterliegen einem regulären Gesetzgebungsverfahren. Hierbei müssen sich Parlament, Rat und Kommission auf einen Kompromisstext einigen, der anschließend Parlament und Rat zur Abstimmung vorgelegt wird.
Die geplanten Änderungen markieren einen klaren Kurswechsel in der deutschen Lieferkettenpolitik. Während zivilgesellschaftliche Organisationen vor einer Gefährdung des Schutzes von Menschenrechten und Umwelt entlang globaler Lieferketten warnen, begrüßen Unternehmerverbände die geplanten Erleichterungen. Allerdings haben Unternehmen, die die bestehenden Regelungen bereits erfolgreich umsetzen, damit wichtige strukturelle Verbesserungen in ihren Lieferketten erzielt. Diese Fortschritte gilt es nun konsequent weiterzuführen.