Die Industrie ist nach der Energiewirtschaft der zweitgrößte Treibhausgas-Emittent in Deutschland. Den Unternehmen kommt somit eine entscheidende Rolle bei der Dekarbonisierung und der Reduzierung des Gesamtverbrauchs an Ressourcen in der Volkswirtschaft zu. Allerdings ist in den letzten 30 Jahren der Energieverbrauch der Industrie trotz steigender Effizienz kaum gesunken. Um die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen, sind Investitionen der Industrie von rund 50 Milliarden Euro bis 2030 notwendig, davon entfallen rund 20 Milliarden Euro auf die Steigerung der Energieeffizienz durch nachhaltige Re-Investitionen beziehungsweise Ersatzinvestitionen in Anlagen und die Dekarbonisierung von Prozesswärme sowie neue Anlagen.
Damit diese Re-Investitionen auch tatsächlich getätigt werden, ist ein Ausbau des bestehenden Rahmens notwendig, da der bisherige politische Rahmen nicht genügend Investitionen mobilisiert. Zudem sollte dabei darauf geachtet werden, dass Rebound-Effekte in Folge von Re-Investitionen in Energieeffizienzsteigerungen vermieden werden, um die ökologische Wirksamkeit der Maßnahmen nicht zu reduzieren. Rebound-Effekte treten dann auf, wenn es in Folge einer Effizienzmaßnahme zu einer Mehrnachfrage nach Energie oder Material kommt. Auch hier kann und muss der politische Rahmen ein Umfeld schaffen, in dem das geschieht. Die Frage ist vor allem, wie so ein politischer Rahmen aussieht und wie Unternehmen damit umgehen.
Als nationale Antwort auf die europäische Energieeffizienzrichtlinie schafft das kürzlich verabschiedete Energieeffizienzgesetz erstmals einen sektorübergreifenden ordnungsrechtlichen Rahmen für mehr Energieeffizienz in Deutschland. Das Gesetz umfasst Energieeffizienzziele für den Endenergieverbrauch bis 2045. Zudem sollen Unternehmen je nach Energieverbrauch verpflichtet werden, Energiemanagementsysteme einzuführen, Wirtschaftlichkeitsbewertungen von identifizierten Energieeffizienzmaßnahmen vorzunehmen und Abwärmequellen und -potentiale umfangreich zu erfassen, sowie Abwärme zu vermeiden oder zu verwerten.
Schafft das Energieeffizienzgesetz mit diesen Zielen und Signalen einen wirkungsvollen und geeigneten Rahmen, um nachhaltige Re-Investitionen in Unternehmen zu begünstigen?
Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderte Forschungsprojekt ENRI untersucht Einflussfaktoren für nachhaltige Re-Investitionen in Unternehmen aus interdisziplinärer Perspektive. Im Rahmen des Projektes wurde ein konzeptioneller Rahmen für die Analyse der politischen Rahmenbedingungen für nachhaltige Re-Investitionen erarbeitet. Vor diesem Hintergrund wurden vier Policy Prinzipien für das Ordnungsrecht identifiziert, die nachhaltige Re-Investitionen in Unternehmen fördern. Das Energieeffizienzgesetz kann anhand dieser Prinzipien kritisch eingeordnet werden.