Ein großer Teil der Energiewende findet bereits auf der lokalen und regionalen Ebene statt. 100% EE-Regionen, Solarstädte, Masterplan-Kommunen und viele andere Pioniere zeigen, dass Kommunen und lokale Akteur*innen auch ihren Beitrag leisten können und wollen und teilweise sogar die Ambitionen auf Bundesebene übertreffen. Damit aber ganz Deutschland seine klima- und energiepolitischen Ziele erreicht, müssen diese einzelnen Erfolge in die Fläche getragen werden. Entsprechend sollen Regionen, Städte und Gemeinden zunehmend in die Pflicht genommen werden, lokale Lösungen zu entwickeln.
Damit gibt es neben den Vorreitern auch viele Neueinsteiger, die feststellen, dass die Energiewende vor Ort mit zahlreichen Hemmnissen konfrontiert ist, wie Kapazitätsengpässen, knappen personellen und finanziellen Ressourcen, sowie unklaren oder begrenzten Zuständigkeiten, Akzeptanzproblemen und Interessenskonflikten. In unterschiedlichen Kontexten setzen sich diese Hemmnisse zu sozialen Dilemmata zusammen, wie z.B. das Investor-Nutzer-Dilemma, das Not-In-My-Backyard-Syndrom oder das Trittbrettfahrerproblem. Die Art und Form sozialer Dilemmata hängt von der betrachteten Technologie und von lokalen sozialen, politischen, administrativen, wirtschaftlichen und physischen Bedingungen ab. Inzwischen gibt es viele Beispiele, in denen solche Dilemmata durch Zusammenarbeit zwischen staatlichen (Landkreise, Gemeinden, Städte) und nicht-staatlichen Akteur*innen (u.a. Unternehmen, Bürger*innen, Vereinen, Verbänden) auf kommunaler Ebene aufgelöst werden konnten.
Das Forschungsprojekt E-SKA erfasst erstmalig systematisch Wirkmechanismen und Erfolgsfaktoren, die bei der Auflösung von Dilemmata im Kontext der Energiewende vor Ort zu tragen kommen. Darauf aufbauend entwickeln und testen wir einen neuen Archetypen-basierten Ansatz für die Übertragung erfolgreicher Energiewende-Kooperationen auf andere, aber ähnliche gelagerte Kontexte zwischen Kommunen.
Vor diesem Hintergrund verfolgt das Vorhaben E-SKA zwei Forschungsfragen:
Unter welchen Bedingungen können Hemmnisse und soziale Dilemmata der Energiewende durch kooperative Strategien überwunden werden?
Unter welchen Bedingungen können entsprechende Strategien und Lösungen auf andere Kommunen oder andere Energiewendeprojekte übertragen werden?
Für die Suche nach den Antworten greift E-SKA auf einen interdisziplinären Ansatz zurück, der Politikwissenschaft, Institutionenökonomie, Stadtforschung, sowie Data Science verbindet. Dabei werden auch Ansätze aus der Soziologie und Sozialpsychologie aufgegriffen, beispielsweise wenn es um die Definition von Verantwortungsdiffusion, sozialer Dilemmata, sozialem Kapital oder Akzeptanzfragen geht. Im Fokus der Analyse steht die Interaktion sozialer, politischer, administrativer, wirtschaftlicher und technologisch-physischer Faktoren, die spezifische Kontexte schafft, in denen Hemmnisse und soziale Dilemmata der Energiewende auftreten. Ausgehend von diesen Kontexten zielt E-SKA darauf ab, Strategien für erfolgreiche Kooperationen zu identifizieren.
Erfolgreich heißt in diesem Zusammenhang, dass sozialen Dilemmata kooperativ begegnet wurde und Hemmnisse für lokale Energiewendeprojekte überwunden und kontextspezifische Lösungsansätze für kooperative Energiewendeprojekte erarbeitet wurden. Um die Validität der ermittelten Dilemmata und die breite Anwendbarkeit dieser Analyse zu sichern, wird das Projekt auf eine breite empirische Grundlage gestellt, indem eine flächendeckende Datenbank für Deutschlands Kommunen erstellt wird, aus der sich Dilemmata und ggf. deren Auflösung diagnostizieren lässt. Auch Pioniere werden in großer Zahl erfasst und systematisiert.
Die Ambition des Projektes endet jedoch nicht mit der Identifikation. Vielmehr sollen darüber hinaus Wege aufgezeigt werden, wie diese Strategien auf andere lokale Kontexte übertragen werden können. Dieser Aspekt des Vorhabens basiert auf der Annahme, dass es bestimmte wiederholt auftretende Muster gibt, entlang derer bereits bestehende Kooperationsstrategien für die Umsetzung von Energiewendeprojekten horizontal skaliert werden können, indem Kommunen mit ähnlichen Merkmalen zusammengeführt werden, um voneinander zu lernen ("Matching").
adelphi untersucht in diesem Vorhaben, wie Konflikte in konkreten Situationen aufgelöst wurden konnten und analysiert die politischen Rahmenbedingungen, die Dilemmata im Kontext der Energiewende oder kooperatives Verhalten zur Auflösung oder Linderung von Dilemmata begünstigen. In diesem Rahmen bauen wir eine Datenbank positiver Beispiele der Energiewende-Kooperation auf, unterstützen die Entwicklung des KI-gestützten Übertragungsansatzes, Tests zur Skalierbarkeit des Ansatzes und den Praxistransfer von Projektergebnissen.