Worauf wir bei der COP29 achten sollten
News vom 11. Nov. 2024
News vom 31. Mai 2023
Eine sozialverträgliche Wärmewende bis 2045 – das kann nur mit hohen Investitionen gelingen. Schnell stellt sich die Frage: Wer soll das bezahlen? Das INVEST-Projekt, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), geht genau dieser Frage nach. Ziel des Projekts ist es, Finanzierungsmodelle für die Wärmewende zu entwickeln, insbesondere für die Wärmewende in einkommensschwachen Haushalten.
Derzeit führt das Projektteam, bestehend aus Expert*innen von adelphi research, der RWTH Aachen und der Universität Stuttgart, Fallstudien in den Städten Stuttgart, Berlin und Aachen durch. Ziel ist, in Runden Tischen gemeinsam mit Bewohner*innen, Finanzierungsinstituten, Energie- und Baudienstleistern Finanzierungsmodelle für sozialverträgliche Sanierungen zu erarbeiten. Wichtig ist dabei, dass die finanzierte Sanierung einkommensschwache Haushalte nicht zusätzlich durch Mieterhöhungen belastet, das Finanzierungsmodell aber gleichzeitig möglichst attraktiv für Eigentümer*innen und Investor*innen ist.
Auf den diesjährigen Berliner Energietagen hat das Team den aktuellen Projektzwischenstand präsentiert und anschließend mit den Teilnehmenden diskutiert. Dabei ging es zunächst um die identifizierte Finanzierungslücke für die Bestandssanierung. Vorschläge zur Mobilisierung von privatem Kapital umfassten unter anderem Absetzmöglichkeiten von Baumaterial, höhere CO2-Preise und eine Ausweitung der Förderungen.
Eine weitere Frage, die die Teilnehmenden bewegt hat: Contracting oder Förderung – oder eine Mischung aus beidem – wo liegt der Königsweg zur energetischen Sanierung? Und wie ließe sich eine solche Mischung ausgestalten? Hier haben die Teilnehmenden darauf hingewiesen, dass die Wirtschaftlichkeit der Projekte individuell betrachtet werden sollte und Risikoprofile helfen könnten, den Bedarf an Förderung zu erkennen. Darüber hinaus sollte bei Contracting-Projekten auch die kommunale Wärmeplanung berücksichtigt werden. Es wurde auch diskutiert, ob Mieter*innen finanziell an der Wärmewende beteiligt werden könnten, beispielsweise durch Anteile an sogenannten lokalen Klimakonten. Weitgehend einig waren sich die Teilnehmenden darüber, dass eine Kombination aus Wärmesanierung, Photovoltaik und Begrünung sowohl energetisch als auch finanziell sinnvoll sein kann.
Nur wenige Tage zuvor hat adelphi research im Rahmen des Projekts einen Runden Tisch in der Rollbergsiedlung in Neukölln durchgeführt. Vertreter*innen der örtlichen Wohnungsbaugesellschaft STADT UND LAND, einer lokalen Mieter*inneninitiative, Bezirksamt, Bundesverwaltung und Quartiersmanagement kamen zusammen und haben gemeinsam mit dem adelphi-research-Team über die Umfeldbedingungen der Rollbergsiedlung und der Gebäudesituation diskutiert. Wie in allen ersten Runden Tischen des Projekts ging es auch hier noch nicht um konkrete Lösungsvorschläge. Sondern erstmal nur darum, dass das Projektteam das Quartier sowie die Gebäude- und Wohnsituation besser versteht und den Stakeholdern das Projekt näherbringt.
Und doch waren die verschiedenen Perspektiven der unterschiedlichen Stakeholder*innen, die sich am Runden Tisch offenbart haben, für den weiteren Projektverlauf sehr aufschlussreich. Die Wohnungsbaugesellschaft STADT UND LAND hat ihr Vorhaben der Nachverdichtung und Quartiersentwicklung allen Beteiligten vorgestellt. Mieter*innen waren hingegen darauf bedacht, klarzustellen, dass Grundbedürfnisse im Quartier erfüllt werden müssen und äußerten Bedenken hinsichtlich Mieterhöhungen und Verdrängung. Gemein hatten beide Seiten, dass energetische Themen für sie weniger im Vordergrund standen. Vielmehr ging es ihnen darum, die Aufenthaltsqualität im Quartier zu verbessern. Etwa, indem Fahrstühle repariert, Barrierefreiheit hergestellt oder Instandhaltungsmaßnahmen vorgenommen werden.
Eine eher unerwartete Diskussion entstand rund um serielle Sanierungen. Einerseits sind in der Rollbergsiedlung alle Ringbauten gleich aufgebaut, was serielle Sanierungen erleichtert. Andererseits sind die Gebäude selbst individuell und entsprechende Bauteile nicht günstig in der seriellen Produktion verfügbar. Die Diskussion hat ergeben, dass durch serielle Sanierungen nicht zwangsläufig Kosten eingespart werden können. Ein weiterer kritischer Punkt war, dass tiefe Sanierungen betroffene Wohnungen während der Laufzeit der Bauarbeiten unbewohnbar machen können. Dies erfordert von der Wohnungsgesellschaft die Bereitstellung vergleichbarer Übergangswohnungen für die Mieter*innen und eine Rückzugsgarantie, was die Kosten erhöhen und den Zeitrahmen der Maßnahmen verlängern kann.
So zeigte sich bei diesem Runden Tisch, was auch bei den anderen Diskussionsrunden, die bisher in Rahmen des Projekts durchgeführt wurden, deutlich wurde: Die Wärmewende kann nur im Dialog gelingen. Denn nur so können aus unterschiedlichen Perspektiven neue, bessere Lösungswege entstehen, die ansonsten verschlossen bleiben würden.
Kontakt: Jan Fjornes, Consultant im Energie-Team bei adelphi research