Die bevorstehende Wahl wird nicht nur die US-amerikanische Klimapolitik beeinflussen, sondern auch die globale Klimadiplomatie und die deutsche Außenpolitik herausfordern. Am 6. November entscheidet sich, ob wir in eine neue Ära der Hoffnung eintreten oder einen Rückschritt ins Chaos erleben.
Wenn in wenigen Tagen die US-amerikanische Bevölkerung gewählt hat und die Stimmen ausgezählt sind, könnte es sein, dass die schlimmsten klimapolitischen Befürchtungen wahr werden. Der erneuerte Einzug von Donald Trump ins Weiße Haus ist mehr als ein schlechtes Déjà-vu – insbesondere, wenn der Senat ebenfalls an die Republikanische Partei fällt. Acht Jahre nach seiner ersten erfolgreichen Wahl scheint Trump mehr als je zuvor entschlossen, jeglichen klimapolitischen Gestaltungsanspruch von sich zu weisen und staatliche Institutionen wie die Umweltbehörde, die halbwegs dazu beitragen können, der US-amerikanischen Gesellschaft bei der Bewältigung der Klimakrise zur Seite zu stehen, massiv zu schwächen oder gar abzuschaffen. Davon zeugt auch der Umgang mit den jüngsten Hurrikanen Helene und Milton – Falschnachrichten ersetzten die notwendige Unterstützung zur Krisenbewältigung. Vorgezeichnet ist dies alles im sogenannten Project 2025 der konservativen Denkfabrik Heritage Foundation, die eine massive Konzentration der Macht beim Präsidenten als Ziel ausgibt. Das Wahlkampfteam von Trump hat jegliche Verbindungen zwar negiert, doch einige Elemente haben einen Eingang in den Wahlkampf gefunden.
Die in den letzten vier Jahren aufgesetzten Initiativen zur Dekarbonisierung, vor allem der Inflation Reduction Act (IRA), stehen vor herausfordernden Zeiten. Und doch sind die klimapolitischen Perspektiven hier fast aussichtsreicher als auf globaler Ebene. Erneuerbare Energien haben ihren Siegeszug auch unter der Trump-Regierung in dem letzten Jahrzehnt in den USA fortgesetzt. Keine Region, kein Bundestaat will ernsthaft aus dem Anreizsystem IRA aussteigen, denn Investitionen und Jobs spiegeln zentrale Interessen jeder Regierung auf subnationaler Ebene. Viele Wirtschaftsakteure haben den IRA ohnehin begrüßt und ihre Investitionen entsprechend ausgerichtet. So kann es ein, dass der Ausbau klimafreundlicher Energien trotz einer Trump-Regierung weiterläuft, nur eben anders genannt wird. Die Vorlage eines aktualisierten Klimaplans bis 2050 scheint allerdings utopisch. Zudem ist zu erwarten, dass die USA den Export fossiler Energieträger noch stärker als in den letzten vier Jahren fortsetzen werden.
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Anders als noch vor acht Jahren gibt es bei den bis 2030 umzusetzenden Emissionseinsparungen keinen Spielraum für weitere Verzögerungen.
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Dennis Tänzler
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Director und Head of Programme Climate Policy bei adelphi research
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Nicht nur deswegen sind die Aussichten für die globale Klimadiplomatie nahezu verheerend. Das Jahrzehnt seit dem erfolgreichen Abschluss der Pariser Klimakonferenz hat mehr als verdeutlicht, wie wichtig der konstruktive Beitrag der USA – vor allem im Zusammenspiel mit China – für die globalen Verhandlungen ist. Angesichts der massiven geopolitischen Brüche und Verschiebungen ist es schwer vorstellbar, wie eine ambitionierte Allianz der wesentlichen Treibhausgasemittenten ohne die USA aufrechterhalten werden kann. Anders als noch vor acht Jahren gibt es bei den bis 2030 umzusetzenden Emissionseinsparungen keinen Spielraum für weitere Verzögerungen. Bis 2025 sollen alle Länder ein ambitioniertes Update ihrer Klimapläne vorlegen. Die Erwartungen sind hoch. Zudem gilt es, bei den anstehenden Verhandlungen in Baku langfristige Ziele für die Klimafinanzierung festzulegen. Hier geht es neben Billionen USD am Ende darum, dass auch Länder wie China erstmals einen Unterstützungsbeitrag leisten. Ein Szenario, das kaum realistisch erscheint, sollte sich die Trump-Regierung, wie angekündigt, erneut aus dem Pariser Abkommen verabschieden.
Ein Wahlsieg von Kamala Harris am 6. November wäre, wenig überraschend, leichter. Klimapolitisch sorgenfrei wäre es jedoch auch nicht. Im Wahlkampf wurden klimapolitische Ambitionen – vermutlich auch aus wahlkampftaktischen Erwägungen, kaum akzentuiert. Trotz massiver Zerstörungen in Folge der Hurrikane-Saison findet das Lösungspotential klimapolitischer Maßnahmen in den Debatten kaum Erwähnung. Die Maßnahmen des IRA werden als wirtschaftliche und soziale Erfolgsgeschichten verbucht. Und auch in der internationalen Arena warten schwierige Debatten bezüglich der Beiträge für die internationale Klimafinanzierung. Hier ist bereits die Präsidentschaft Biden hinter den eigenen Ankündigungen zurückgeblieben. Angesichts der wahrscheinlichen Machtkonstellationen im US-amerikanischen Kongress wird die Mittelbereitstellung auch unter einer Präsidentin Harris nicht leichter.
Diese möglichen Entwicklungen werden auch die deutsche Klimaaußenpolitik noch mehr herausfordern. Mit den USA würde ein in den letzten vier Jahren zentraler Partner wegfallen – und die EU macht gerade kaum den Anschein, diese diplomatische Lücke allein ausfüllen zu können. Weitere Blockaden der internationalen Verhandlungen drohen. Umso wichtiger werden die komplementär ausgebildeten klimapolitischen Allianzen und Dekarbonisierungspartnerschaften mit Schwellenländern. Auch die Zusammenarbeit mit Einzelstaaten in den USA, soweit diese sich aktiv gegen Washington stellen sollten, könnte entscheidend sein, um die diplomatische Lücke zu schließen, die die Bundesregierung hinterlässt. Diese Partnerschaften müssten alle deutlich mehr liefern als zuvor, bis der mögliche US-amerikanische Albtraum ein Ende hat.