Im Zuge der Energiewende rückt der Fokus der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend auf die bisher ungenutzten Energieeinsparpotenziale in der Abwasserwirtschaft. Kläranlagen verbrauchen große Mengen an Energie und tragen oft maßgeblich zum CO2-Fußabdruck von Kommunen und Städten bei. Entsprechend ist ihr Energieverbrauch in der Regel für den Großteil der anfallenden Betriebskosten verantwortlich, in einigen Fällen sogar bis zu 60 Prozent. Übersehen wird dabei jedoch, dass Abwasser auch eine extrem ergiebige Strom- und Wärmequelle sein kann. Die zu gewinnende Energie ist bis zu zehnmal größer als der für die Klärung benötige Energieverbrauch. In den letzten Jahrzehnten haben immer mehr Abwasserunternehmen Energieeffizienzmaßnahmen und neuartige Technologien eingesetzt, um das Energiepotenzial von Abwasser besser zu nutzen. Untersuchungen von Pionierprojekten zeigen, dass Anlagebetreiber nicht nur in der Lage sind, energieautark zu operieren. Einige sind zu Energieversorgern geworden, wodurch sie gleichzeitig zu einer Diversifizierung des lokalen Energiemixes beitragen.
Abwasser spielt eine zentrale Rolle in der Realisierung des Wasser-Energie-Nexus. Hauptziel des Projekts Reef2Water war entsprechend die Steigerung der Energieeffizienz und der Produktion erneuerbarer Energien in Kläranlagen. Das Projekt verfolgte einen innovativen Ansatz, der die Ströme und technischen Infrastrukturen von Feststoffabfällen und Abwasser integriert. Kernstück dabei bildete die Kofermentation von Klärschlamm und Bioabfall während des Fäulungsprozesses, wodurch sich die Wärme- und Stromerträge beträchtlich steigern lassen. Um aufzuzeigen, dass die neuen Technologien technisch umsetzbar und wirtschaftlich sind, entwickelten die Projektpartner in einer Reihe von Workshops zusammen mit den Anlagenbetreibern ein umfangreiches Bewertungsinstrument. Eine weitere wichtige Aufgabe von Reef2Water bestand darin, den rechtlich-politischen Kontext zu untersuchen und Policy Empfehlungen zu entwickeln, die eine großmaßstäbliche Nutzung der Energiepotenziale im Abwassersektor zukünftig ermöglichen.
Das Projekt wurde durch das Interreg Central Europe Programm gefördert und von elf Forschungsinstituten und Abwasserversorgern aus Italien, der Tschechischen Republik, Deutschland, Kroatien und Österreich durchgeführt. adelphi koordinierte eines der vier Arbeitspakete, das darauf abzielte, Rahmenbedingungen zu schaffen, die die zukünftige Nutzung von Reef2Water-Lösungen fördern. Das Team stützte sich damit auf eine seiner Schlüsselkompetenzen im Bereich der Wasserressourcen und führte in allen fünf Ländern sowie auf europäischer Ebene eine Analyse des Rechtsrahmens durch. Zentrale Hemmnisse, die die weitere Umsetzung und Verbreitung von Reef2Water beeinträchtigen, wurden identifiziert und politische Handlungsoptionen abgeleitet. Parallel dazu wurden gemeinsam mit lokalen Kommunen und politischen Entscheidungsträgern Strategien entwickelt, die konkrete Schritte zur Umsetzung der Reef2Water-Ansätze über den Projektzeitraum hinaus festlegen.