COP29: Klimasicherheit im Dienste des Menschen
toda.org, 19. November 2024 (in Englisch)
News vom 11. Jan. 2024
Anfang 2023 hat die Europäische Kommission wegweisende Gesetze zur Einführung eines Emissionshandelssystems für den Gebäude- und Straßenverkehrssektor sowie einen Klima-Sozialfonds verabschiedet. adelphi research zeigt auf, was die EU-Mitgliedstaaten für eine effektive Umsetzung tun müssen.
Um bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden und die Emissionen bis 2030 um bis zu 55 Prozent zu reduzieren, hat die Europäische Kommission ein neues Emissionshandelssystem (ETS 2) für den Gebäude- und Straßenverkehrssektor eingerichtet. Diese Sektoren sind für einen erheblichen Anteil klimaschädlicher Emissionen verantwortlich, doch bisher gab es wenig Bemühungen, sie zu reduzieren.
Der Anstieg der Energiekosten durch die Einführung des ETS 2 wird sich auf die Haushalte in ganz Europa auswirken, insbesondere in den Ländern Mittel- und Osteuropas - unter anderem in Rumänien und Polen. Daher ist das ETS 2 mit dem Klima-Sozialfonds gekoppelt, einem Mechanismus, durch den ein Teil der Einnahmen aus den ETS-2-Zertifikaten an die am stärksten betroffenen und unterstützungsbedürftigen Bevölkerungsgruppen weitergegeben wird. Um Mittel aus dem Fonds zu erhalten, müssen die EU-Mitgliedstaaten nationale soziale Klimapläne erstellen und diese kofinanzieren.
In der Vergangenheit wurden in Mittel- und Osteuropa massive Industrialisierungsprogramme durchgeführt, die sich auf den Bau von Mehrfamilienhäusern in Plattenbauweise stützten und die zwar schnell zusammengebaut werden konnten, aber viel Energie zum Heizen benötigen. Der Fall des Kommunismus führte zu Eigentumsübertragungen, so dass die Bewohner*innen solcher Mehrfamilienhäuser zu Eigentümer*innen wurden, die sich die notwendige thermische Sanierung ihrer Häuser nur selten leisten können.
adelphi research hat zusammen mit Partnern vom Öko-Institut, Wise-Europe und CDS die Studie "Putting the ETS 2 and Social Climate Fund to Work: Impacts, considerations, and opportunities for European Member States" durchgeführt, um den Verantwortlichen für die Umsetzung der Klimapläne eine Orientierungshilfe zu geben. Das Team untersuchte die Muster der Gefährdung gegenüber dem CO2-Preis in ganz Europa und welche Indikatoren und Analysen verwendet werden können, um anfällige Gruppen zu identifizieren.
Die Ergebnisse zeigen, dass Energiearmut in Ländern mit niedrigerem Einkommen in allen EU-Mitgliedstaaten weit verbreitet ist, während das Niveau der Verkehrsarmut in ganz Europa ähnlich ist. Verkehrsarmut bedeutet, dass es keinen Zugang zu angemessenen Verkehrsdienstleistungen gibt oder dass einkommensschwache Gruppen nicht in der Lage sind, diese zu bezahlen. Die von Energiearmut betroffenen Haushalte gehören in der Regel zu den unteren 30 Prozent der Einkommensverteilung. In Ländern wie Polen und Rumänien sind jedoch auch höhere Einkommensschichten betroffen.
adelphi research sieht in der Verknüpfung dieser Maßnahmen eine Chance, Europa positiv zu verändern, Anreize für das Verbraucher*innenverhalten zu schaffen und kohlenstoffarme Investitionen sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich anzustoßen. Der Fonds wird dazu beitragen, langfristige strukturelle Investitionen zu finanzieren, wie die Integration erneuerbarer Energien, die Renovierung von Gebäuden und die Neuerfindung der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und Mobilitätsdienste.
Doch es gibt einen kleinen Haken: Um den Klima-Sozialfonds effektiv umzusetzen, muss jede Regierung der EU-Mitgliedstaaten herausfinden, wer am meisten von den steigenden Energiepreisen betroffen ist und wie diese Menschen mit strukturellen Investitionen und direkten Einkommensbeihilfen erreicht werden können. Hinzu kommt, dass der Klima-Sozialfonds 2026 seine Arbeit aufnehmen soll, was bedeutet, dass die sozialen Klimapläne bis Mitte 2025 entwickelt und eingereicht werden müssen – ein sehr optimistischer Zeithorizont.
In der Studie “Putting the ETS 2 and Social Climate Fund to Work: Impacts, considerations, and opportunities for European Member States” erörterte adelphi research, was bei der Entwicklung geeigneter nationaler Maßnahmen besonders wichtig ist, welche Arten von Maßnahmen und Investitionen finanziert werden sollten und wie diese gestaltet werden können, damit sie auf die gefährdeten Gruppen ausgerichtet sind. Das Team untersuchte ähnliche Maßnahmen anderer Länder und was man aus ihren Erfahrungen lernen kann, sowohl im europäischen als auch im internationalen Kontext. Auf dieser Grundlage erstellte adelphi research einen Leitfaden mit dem Titel „Making the ETS 2 and Social Climate Fund Work: Guidance for National Policymakers".
Basierend auf den Ergebnissen der Studie wird den EU-Mitgliedstaaten empfohlen, eine gründliche Schwachstellenanalyse vorzunehmen, um daraufhin eine Reihe von Maßnahmen zu entwickeln, die auf ihre nationale Situation zugeschnitten sind. Auch ein Blick über den Tellerrand ist lohnenswert: Die Best-Practice-Beispiele anderer Länder können als Vorbild dienen und für den jeweiligen nationalen Kontext angepasst werden. Gleichzeitig wären Leitlinien der Europäischen Kommission eine große Hilfestellung, damit die EU-Mitgliedstaaten wirksame Strategien für eine gezielte Förderung im Einklang mit den Zielen des Klima-Sozialfonds entwickeln können.
Die Planung und Umsetzung dieser Maßnahmen können ohne die Hilfe von Akteur*innen auf subnationaler Ebene – Gemeinden, Gruppen der Zivilgesellschaft und andere lokale Interessengruppen – nicht funktionieren. Sie müssen von Anfang an mit einbezogen werden, um den neuen Mechanismus der CO2-Bepreisung zu verstehen und zur Gestaltung und Entwicklung wirksamer Strategien und Programme beizutragen.
Die Zeit für die Entwicklung sozialer Klimapläne ist knapp, doch die Verknüpfung des ETS 2 mit dem Klima-Sozialfonds kann eine entscheidende Maßnahme sein, um die Ursachen der Energie- und Verkehrsarmut in ganz Europa zu bekämpfen.