Grüne Fassade, braune Agenda: Wie die populistische Rechte die Klimaanpassung bedroht
Kommentar von Lara Helen Möllney, Vivianne Rau
News vom 18. Jan. 2023
Gezielt Wasser in Grundwasserspeichern auffüllen, um in trockenen Zeiten gewappnet zu sein. Darum geht es bei der Managed Aquifer Recharge (MAR). Vor allem die Anrainerstaaten des Mittelmeers lassen sich derzeit von den zahlreichen Vorteilen der MAR-Methoden überzeugen – adelphi research auf Mission.
Auf den ersten Blick ist es offenbar nur eine Randnotiz im demokratischen Alltag Portugals: In zwei Resolutionen hat das portugiesische Parlament seiner Regierung Ende Dezember 2022 empfohlen, die Entwicklung von Projekten und Initiativen zur künstlichen Grundwasseranreicherung zu fördern. Demnach könnte die Methode namens Managed Aquifer Recharge (MAR) zukünftig eine ergänzende naturbasierte Lösung für die Bewirtschaftung von Wasserressourcen in Portugal werden. Ein weiteres Puzzlestück, um sich an den Klimawandel anzupassen, natürliche Ökosysteme zu erhalten, etwas gegen die Wasserknappheit zu unternehmen und die Wassersicherheit zu verbessern.
MAR könnte vor allem in Gebieten von Bedeutung sein, in denen sich Dürren verschlimmern und immer häufiger auftreten, worunter nicht nur Menschen, Flora und Fauna, sondern auch die Land- und Forstwirtschaft stark leiden. Im Mittelmeerraum gibt es viele solcher Regionen, die von extremer Hitze und Trockenheit geplagt sind; und nicht nur dort. Vielerorts auf der Welt wächst zudem die Bevölkerung, wird die Landwirtschaft intensiviert und nimmt der Tourismus zu, was sich auf die Verfügbarkeit von Wasserressourcen auswirkt. Die Grundwasserleiter werden dort übernutzt. Der Einsatz von MAR könnte also eine vielversprechende Antwort auf diese Szenarien sein. So wird aus der Randnotiz aus Portugal plötzlich eine kleine Sensation – zumindest jedenfalls für das Projektteam von AGREEMAR.
Treffen mit dem Verband der portugiesischen Landwirte (CAP)
Doch zunächst: Wie funktioniert die MAR-Technologie? Meistens werden Grundwasserleiter (Aquifere) durch natürliche Wasserkreisläufe wieder aufgefüllt. Zum Beispiel nach Regenfällen, wenn das herunterfallende Wasser über Bodenzonen versickert und sich als Grundwasser ansammelt. Werden diese Regenfälle nun aufgrund des Klimawandels zunehmend stärker und zugleich seltener, bleibt dem Wasser wenig Möglichkeit zu versickern. Es fließt stattdessen zum Großteil über Flüsse direkt ins Meer ab, wo es vermischt mit Salzwasser nur energieaufwändig wieder nutzbar gemacht werden kann. Bei der MAR wird dieses zunächst „verlorene“ Wasser über naturnahe Infrastruktur im Untergrund gespeichert, von wo es zu Zeiten hohen Bedarfs wieder rückgewonnen werden kann. Dabei gibt es viele Formen der MAR: etwa Versickerungsteiche, Brunnenfelder, künstliche Bäche, Uferfiltration, um einige gängige Beispiele zu nennen. Welche Form dieses Managements von Wasservorräten allerdings die passendste ist, hängt stets von den Gegebenheiten (z. B. Hydrogeologie), der Wasserverfügbarkeit (z. B. aufgesammeltes Regenwasser oder behandeltes Abwasser) und den Bedarfen vor Ort ab.
So oder so – die MAR hat viele Vorteile. In Gebieten beispielsweise, wo viel Grundwasser entnommen wird, kann die MAR Bodensenkungen verhindern. In Küstengebieten kann sie dazu beitragen, das Eintreten von salzigem Meerwasser zu verringern. Doch ganz unabhängig vom Ort ihres Einsatzes ist die MAR in der Lage, gespeichertes Wasser für die Trinkwasserversorgung oder Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen zur Verfügung zu stellen, vor allem in trockenen Zeiten. Das macht ihren besonderen Reiz aus.
In Mittelmeerländern wie Spanien, Portugal, Zypern oder Tunesien ist die Situation kritisch, das Wasser dort knapp. Dieser zunehmende Wasserstress bedeutet für lebende Organismen und Pflanzen ein steigendes Risiko für Umweltprobleme und wirtschaftliche Schwierigkeiten. Es muss etwas unternommen werden, und Portugal hat vielleicht den ersten Schritt gemacht. Die Resolutionen des portugiesischen Parlaments stehen im Einklang mit dem Ziel des Projekts AGREEMAR. Und zwar, die sichere Nutzung der künstlichen und gerecht verwalteten Grundwasseranreicherung in Portugal und anderen Ländern des Mittelmeerraums zu fördern, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zu erhöhen. AGREEMAR umfasst sechs Partner aus Universitäten, öffentlichen Unternehmen und nationalen Forschungszentren aus Deutschland, Spanien, Zypern, Portugal und Tunesien sowie Akteur*innen aus vier regionalen Clustern im Mittelmeerraum.
Ende des Jahres 2022 hat sich das Projektteam auf Mission begeben. In Spanien, Portugal und Tunesien setzte man sich mit verschiedenen Akteur*innen aus der Gesellschaft zusammen, um zu überprüfen, ob, wo und wie MAR-Technologie geplant, umgesetzt und angewandt werden kann. Von Anfang an der Planung verfolgte das Team einen partizipativen Ansatz und bezog die Beteiligten in die Zusammenarbeit ein. Man traf sich beispielsweise mit Bäuer*innen, Betreibern von Kläranlagen sowie Vertreter*innen von Umweltbehörden und regionalen Wasserversorgungsunternehmen Die unterschiedlichen Rollen, Zuständigkeiten, Interessen, Forderungen, Vorstellungen und Erfahrungen wurden bei den Bedarfsanalysen mitberücksichtigt. Denn das schafft Vertrauen und fördert die Eigenverantwortung und Zusammenarbeit. Darüber hinaus können so maßgeschneiderte Projektergebnisse erzielt werden, die eine nachhaltige Nutzung der MAR auch über das Projektende hinaus garantieren.
Treffen mit dem Projektteam des Nationalen Instituts für Agrarwissenschaft von Tunesien (INAT)
Neben neuen Planungs- und Managementstrategien steht auch die Umsetzung eines Steuerungsrahmens für eine gerechte und nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung im Fokus des Projekts. Eine wesentliche Komponente auf lokaler Ebene werden hierbei Vereinbarungen für einen gerechten Vorteilsausgleich beim Betrieb lokaler MAR-Systeme sein. Auch zu diesem Zweck wurde der Austausch mit projektrelevanten Interessengruppen gesucht sowie Barrieren und Konflikte der bestehenden Wasserversorgung analysiert. Grundlage für die Vereinbarungen sind Machbarkeitskarten, numerische Grundwassermodelle für potenzielle MAR-Anlagen und ausgewählte Demonstrationsstandorte in den Einzugsgebieten des Mittelmeers. In Portugal etwa wird derzeit die Durchführbarkeit von MAR in der Gemeinde Comporta und am Stausee Albufeira de Furta Galinhas untersucht.
Die Zeit wird zeigen, ob Portugal und die anderen Mittelmeeranrainer bald den Traum von der MAR verwirklichen. Es sind jedenfalls solche Vorzeigeprojekte, die den Weg für zukünftige MAR-Anlagen ebnen und die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Grundwasser-Wiederauffüllung erhöhen könnten. Um herauszufinden, welche Orte das Projektteam von AGREEMAR in den vergangenen Wochen außerdem noch besucht hat, besuchen Sie wiederum die Projektwebsite.
Bewertung des MAR-Standorts in Korba
Kontakt: heimadelphi [dot] de (Ronjon Heim) und conradadelphi [dot] de (Anika Conrad)