
COP28: adelphis Expert*innen und Side Events auf einen Blick
News vom 06. Dez. 2023
News vom 23. Dez. 2022
Ein bewegtes Jahr liegt hinter uns – Corona, Krisen und Krieg in Europa. Doch trotz aller Widerstände haben wir erneut transformativen Wandel verwirklicht und uns bemüht, eine nachhaltige Zukunft für kommende Generationen zu gestalten. Ein paar unserer vielen adelphi Highlights.
Der 24. Februar war jedoch alles andere als ein Lichtblick. Dieser düstere Tag, ein Donnerstag, wird in die Geschichte eingehen und sich für lange Zeit ins kollektive Gedächtnis einprägen. Die Nachricht von Russlands Angriff auf die Ukraine hat uns, wie viele andere auch, schockiert und wütend gemacht. adelphi steht noch immer hinter seinem Statement zum Krieg und sagt unvermindert: Нет войне! In einer Sondersitzung kündigte Bundeskanzler Scholz damals weitgehende Konsequenzen für die deutsche Politik an: „Wir erleben eine „Zeitenwende“. Und das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor.“ Doch wie soll diese Welt überhaupt aussehen? adelphi hat hier klare wie umsetzbare Vorstellungen.
Deutschland und die EU wollen die Abhängigkeit vom russischen Gas reduzieren und suchen deshalb nach neuen Energiequellen und Energiepartnern. Auch bereits bestehende Partnerschaften wurden gestärkt. Die USA und Deutschland beispielsweise intensivieren ihre Zusammenarbeit im Bereich Klima und Energie. Offshore-Wind, Elektromobilität und Wasserstoff bilden hier die Zukunftsthemen. Mit Kanadas Energieminister wiederum hat Klimaschutzminister Habeck im Beisein unserer adelphi Expert*innen ein Abkommen zur Gründung einer bilateralen Wasserstoffallianz unterzeichnet. Zwei Jahre lang haben wir im Hintergrund auf diese Allianz hingearbeitet. Grünwasserstoff soll demnach schon ab Mitte der 2020er Jahre in Kanada produziert und nach Europa exportiert werden. Zum gewaltigen Potenzial des Energieträgers haben wir in den letzten Jahren an wegweisenden Studien gearbeitet, zuletzt an den Hydrogen Factsheets Canada, China und Japan.
Angesichts des Balanceakts, einerseits die Energiewende zu verwirklichen und andererseits die durch den Krieg verursachten Energiepreisschocks abzumildern, beherrschte das Thema Energie auch hierzulande die Schlagzeilen. Wir haben unter anderem analysiert, mit welchen Maßnahmen die Regierungen Haushalte während der Energiepreiskrise unterstützen und wie die Energieeffizienz in Gebäuden – zum Beispiel im Einzelhandel oder durch Gebäudeautomation – erhöht werden kann. Sogar eine Reisegruppe aus Australien kam extra nach Berlin, um sich darüber zu informieren. Um soziale Teilhabe und unternehmerische Partizipation in der Energiewende zu unterstützen, haben wir Politikempfehlungen zur Förderung sozialer Innovationen im Energiesektor ausgearbeitet. Und wir wollten wissen, ob und inwiefern die Bevölkerung eine CO2-Bepreisung akzeptieren würde.
Dass Emissionshandelssysteme (EHS) als Schlüssel zur Dekarbonisierung der Volkswirtschaften als auch zum Abfedern von Energiepreisschocks taugen, ist nicht erst seit der Einigung der EU zum CO2-Grenzausgleichsmechanismus und der Einrichtung eines Klima-Sozialfonds bekannt. Der im März veröffentlichte Statusbericht der International Carbon Action Partnership (ICAP) bilanziert anschaulich die Bedeutung und Wirkung der EHS, um zum Ziel Klimaneutralität beizutragen. Ihr Potenzial für klimaneutrales Wachstum ist natürlich auch in Südamerika sowie in Süd- und Ostasien beträchtlich. EHS sind dort in der Entwicklung oder werden in Erwägung gezogen. Wir versuchen weiter, Überzeugungsarbeit zu leisten.
Investitionen in die Dekarbonisierung vorantreiben und klimaschädliche Emissionen senken – diesem Ziel fühlt sich auch die Europäische Investitionsbank (EIB) verpflichtet. In ihrem Auftrag hat adelphi das innovative Online-Tool namens „Green Elegibility Checker“ entwickelt. Es bietet Mitarbeitenden von zum Beispiel Geschäftsbanken eine einfache Möglichkeit, zu beurteilen, ob sich kleine, standardisierte Investitionsprojekte ihrer Kund*innen für grüne Finanzierungen der EIB eignen. Zu einem anderen Urteil indes kam die diesjährige European Sustainable Finance Survey, die von adelphi gemeinsam mit Partnern durchgeführt wird: Demnach wenden Europäische Asset Manager (Vermögensverwalter*innen) und Asset Owner (Vermögensinhaber*innen) die EU-Taxonomie für nachhaltige Aktivitäten bislang nur wenig an, um die Nachhaltigkeit ihrer Finanzprodukte zu steuern und nachzuweisen. Der Grund: Es mangelt offenbar noch an zuverlässigen Daten, was für Unsicherheit sorgt. Also alles eine Frage der Zeit und Unterstützung.
Finanzierung ist ein gutes Stichwort: Für das Förderprogramm Biodiversity Finance Accelerator (BioFA) wurden dieses Jahr 29 biodiversitätsfreundliche Unternehmen aus Malawi und Sambia ausgewählt. Dabei werden sie unterstützt, ihre Geschäftsmodelle zu verfeinern, Zugang zu Finanzierung zu erhalten und ihr Unternehmen zu skalieren. Das BioFA-Projekt ist Teil der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI), die vom BMUV unterstützt wird. Seit nun mehr als 20 Jahren fördert SEED ökologisch-nachhaltige und sozial-inklusiv wirtschaftende Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen (KKMU) mit dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung und Green Economy. Grund genug für die globale Partnerschaft, dies im Jahr 2022 mit der ganzen Welt zu feiern und das Wissen zu teilen, wie es zum Beispiel im SEED 20 Year Impact Flagship Report abgedruckt ist.
Eine verstärkte Zusammenarbeit ist auch zwischen der EU und China erforderlich. Zum Beispiel im Bereich der Lieferketten und zur Verringerung der Treibhausgasemissionen, vor allem im Stahl- und Automobilsektor beider Handelsregionen. Das Potenzial zur Dekarbonisierung ist hier riesig. Erfreulich ist, dass sich politische Entscheidungsträger*innen der Verbindungen und Wechselwirkungen zwischen Menschenrechten und Umweltfragen in die Lieferketten immer mehr bewusst sind, wie eine neue Studie von adelphi zeigt. Wieder eine andere geht anhand der Automobilindustrie ausführlicher auf die Umweltrisiken- und -auswirkungen in globalen Lieferketten ein. Gemeinsam mit dem BMUV und der GIZ haben wir eine dreiteilige Webinar-Reihe zu Umweltbelangen und Sorgfaltspflichten in Lieferketten veranstaltet. Wenn von der Autoindustrie die Rede ist, kommt schnell auch der Gedanke an Volkswagen, den global agierenden Konzern mit Sitz in Niedersachsen. Er ist dort ein fester Teil der Industrie, die stark von der Dekarbonisierung betroffen ist. Welche Anforderungen für eine zielgerichtete Transformation der niedersächsischen Wirtschaft notwendig sind, beleuchtet eine entsprechende Studie mit adelphi-Input.
Schwere Unwetter und Überschwemmungen in Italien, Griechenland, Australien, Venezuela, verheerende Fluten in Pakistan, Hurrikan Ian in Florida, Waldbrände in Portugal, Spanien, Frankreich, Dürren und verschwindende Flüsse weltweit, Hitzewellen in Pakistan, Indien, Europa – Extremwetter-eignisse haben das Jahr 2022 geprägt. Diese heftigen Klimaschwankungen treten nachweislich immer häufiger auf und stellen eine Bedrohung für die globale Stabilität und Sicherheit dar. Insbesondere fragile Staaten stehen dadurch vor großen Herausforderungen, die ein hohes Konfliktpotenzial bergen. Das westafrikanische Land Mali befindet sich aktuell in diesem Teufelskreis, wie aus einem neuen Report von Weathering Risk – einer multilateralen Initiative von adelphi und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, die modernste Klimafolgen- und Konfliktforschung miteinander vereint – hervorgeht. Es ist (überlebens)wichtig, sich diese Zusammenhänge vor Augen zu führen. Leider finden diese Überlegungen in den bisherigen Programmen zur Friedenssicherung kaum Eingang. Die neue vom Auswärtigen Amt geförderte Leitinitiative „Weathering Risk Peace Pillar“ will diese Lücke schließen und die Analyse klimabedingter Sicherheitsrisiken für nachhaltige Friedenssicherungsmaßnahmen vor Ort unterstützen.
Darüber hinaus schaute adelphi zusammen mit den Prognoseinstitut Good Judgement in die Zukunft, um den G7-Staaten Empfehlungen zu geben, wie einige der schlimmsten Folgen der Klimakrise auf Frieden und Sicherheit abgewendet werden können. Auch auf der diesjährigen Berlin Climate and Security Conference (BCSC), die adelphi mitorganisiert hat, wurden die Auswirkungen der Klimakrise auf Frieden und Sicherheit diskutiert und zugleich informierte globale Antworten gesucht. Ein Highlight des internationalen Treffens war die Verkündung der „Climate for Peace Initiative“ (#Climate4Peace). In einer interaktiven Diskussion im Fishbowl-Format verpflichteten sich die teilnehmenden Länder, Projekte im Einklang mit den Grundsätzen der Erklärung zu Klima, Umwelt, Frieden und Sicherheit zu fördern, die von mehr als 20 Regierungen unterzeichnet wurde. Die Forderung, den durch den Klimawandel am meisten gefährdeten Staaten mehr Aufmerksamkeit zu schenken, wurde ebenso auf der UN-Klimakonferenz (COP27) in Scharm el-Scheich deutlich. Die Diskussionen über Loss and Damage haben dies unterstrichen. adelphi hat im Rahmen der COP27 außerdem versucht, die Zusammenhänge zwischen Klima und menschlicher Mobilität in den Fokus zu rücken.
Und in Deutschland? Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor rund 140 Jahren war der Sommer hierzulande noch nie so heiß wie in diesem Jahr. Auch kommt es immer häufiger zu starken Regenfällen, die den Kommunen Probleme bereiten. Wir benötigen also dringend Strategien und Pläne, um uns an die Folgen des Klimawandels anzupassen. In einem politischen Empfehlungspapier fassen wir etwa zwölf Handlungsempfehlungen zusammen, die zur Stärkung der Integration von Klimaanpassung an Hitze und Starkregen in die kommunale Planung beitragen. In einem anderen Bericht machen wir konkrete Vorschläge, wie Kommunen Klimarisikoanalysen vorbereiten und umsetzen können. Mit Vertreter*innen aus Bund, Land und Kommune haben wir zudem auf der allerersten Vernetzungskonferenz des Zentrums für KlimaAnpassung (ZKA) über diese Themen diskutiert. Die Resonanz auf dieses Event war so positiv, dass wir im Herbst gleich eine zweite Konferenz organisierten. Und beim diesjährigen World Urban Forum in Katowice ist es uns gelungen, im Auftrag der GIZ dem Auftritt der Bundesregierung zum Thema nachhaltige Stadtentwicklung eine Bühne zu geben und ein Forum für einen intensiven Austausch vor Ort zu schaffen.
Im Projekt Labor Tempelhof haben wir zusammen mit den Rockbands Die Ärzte und Die Toten Hosen sowie der NGO Cradle to Cradle eine Konzertserie mit kreislauforientierten Lösungen auf die Beine gestellt – auch wenn das Wetter hätte besser sein können. Mit der Publikation „Culture for Future“ wollen wir Nachhaltigkeitsstrategien für den Kultursektor anstoßen. Auf der Konferenz „Die Grenzen des Konsums“ haben wir erörtert, wie sich die Grenzen des Wachstums auf unseren Lebensstil auswirken. Von ausgewählten Bürger*innen wollten wir im ersten Citizen Thinking Lab erfahren, was sie von 1,5-Grad-Lebensstilen halten, welche für sie akzeptabel sind und welche nicht. Wir haben gemeinsam mit SEED und der IKEA Foundation den „Circular Economy Catalyst“ gestartet. Ein Projekt, bei dem wir 220 Unternehmer*innen in Indien und Kenia fördern, um profitable Geschäftsideen in der Kreislaufwirtschaft zu kreieren.
Intensiv auseinandergesetzt haben wir uns auch mit der Abfallwirtschaft in Jordanien und China sowie mit den schädlichen Auswirkungen des Plastikmülls auf die Umwelt und den Vorbereitungen für ein internationales Plastikabkommen. Ferner war es unser Ziel, das Wissen und das Bewusstsein über die Rolle von Water Tenure bei der Wasserbewirtschaftung zu stärken. Denn Wasser ist untrennbar mit dem Lebensunterhalt und der Ernährungssicherheit aller Menschen verbunden. Dafür haben wir im Auftrag der Food and Agriculture Organization der UN einen Workshop veranstaltet und thematische Hintergrundpapiere veröffentlicht. Mithilfe eines neuen Online-Kommunikations-Toolkits beabsichtigen wir, die Kommunikation zur Biodiversität zu verbessern, und mit dem Europäischen Naturschutz Toolkit wollen wir Kinder und Jugendliche für Europas vielfältige Natur und ihren Schutz begeistern.
Das Jahr 2022 geht zu Ende mit den wirklich guten Nachrichten aus Montreal. Auf der UN-Biodiversitätskonferenz einigten sich die Vertragsstaaten dort unter anderem darauf, 30 Prozent der Land- und Seefläche bis 2030 unter Schutz zu stellen sowie naturschädliche Subventionen abzubauen. Des Weiteren soll ein spezieller, Milliarden schwerer Treudhandfonds aufgesetzt werden, um die Länder des Globalen Südens bei der Umsetzung der neuen Rahmenvereinbarung zur globalen Biodiversität zu unterstützen. Es sind solche Nachrichten, die uns vor Augen führen, dass sich hinter all unseren Bemühungen und Leistungen eine große Chance verbirgt. Für Innovationen. Für das Gemeinwohl. Für bessere Lebensbedingungen. Für Frieden und Sicherheit. Und für ein Leben im Einklang mit der Natur.
Das Jahr 2023 kann kommen: Wir fangen erst richtig an!