Rückblick auf 2024: Wie adelphi globale Umweltlösungen voranbringt
News vom 20. Dez. 2024
Insight von Dennis Tänzler
Solange die Klimaverhandlungen nicht vorankamen, waren sie ein praktisches Alibi für mangelhaften Klimaschutz. Jetzt kann sich die internationale Gemeinschaft nicht mehr verstecken, schreiben Dennis Tänzler und Rocio Garcia in ihrem Gastbeitrag für ZEIT Online anlässlich der Klimakonferenz in Marrakesch (COP22).
Das Pariser Klimaabkommen ist ein enormer Erfolg der Diplomatie – sein rasches Inkrafttreten am vergangenen Freitag vielleicht noch mehr. Doch die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt.
Im Abkommen haben die 193 Unterzeichner sich verpflichtet, die globalen Emissionen in den kommenden Jahrzehnten gegen null zu reduzieren. 100 von ihnen, erstaunlich viele, haben den Vertrag schon ratifiziert.
Jetzt kommt es darauf an, was die Unterzeichner in der Praxis tun, um ihr Versprechen zu halten. Schon vor dem Pariser Klimagipfel hatten sie ihre nationalen Klimaschutzzusagen (INDCs) bei den Vereinten Nationen eingereicht. In den kommenden zwei Jahren müssen sie erste Ergebnisse liefern. Sie werden zeigen, wie ernst es ihnen mit der globalen Transformation zu einer Nullemissionswirtschaft ist.
Finanziell ist der Rahmen klar. Ab 2020 sollen jährlich 100 Milliarden US-Dollar für die Umsetzung des Klimaschutzvertrags bereitgestellt werden.
In dem Maße, wie die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in den Fokus rückt, verlässt die Klimapolitik ihre Komfortzone. Lange Zeit nicht geklärte internationale Rahmenbedingungen und blockierte Verhandlungen waren bisher ein bequemes Alibi, um großzügig über die Defizite der praktischen Klimapolitik hinwegzusehen. Doch das ändert sich mit dem Pariser Abkommen.
Eine genauere Betrachtung des bisher Erreichten stimmt skeptisch. Zum Beispiel bei der internationalen Klimafinanzierung.
Die Globale Umweltfazilität GEF ist ein zentrales Instrument zur Finanzierung des globalen Umweltschutzes. In den vergangenen Jahren gingen bei ihr zahlreiche Anträge auf finanzielle Unterstützung für Klimaschutzvorhaben ein. In ihrem gegenwärtigen vierjährigen Förderzyklus wird sie voraussichtlich drei Milliarden US-Dollar für den Klimaschutz verteilen – lediglich ein Bruchteil der 100 Milliarden, die die internationale Gemeinschaft für jedes Jahr in Aussicht gestellt hat.
Und es dauert lange, Programme zur Minderung von Treibhausgasen oder zur Anpassung an den Klimawandel in die Praxis umzusetzen. Allein durchschnittlich ein Jahr vergeht zwischen der Förderzusage durch die Geber und dem Start des Projekts. Aber auch schon vorher braucht es von der eigentlichen Projektidee bis zur erfolgreich abgeschlossenen Bewerbung oft mehrere Jahre. Wohlgemerkt: Wir sprechen hier nur von der Vorphase eines Klimaschutzvorhabens – Zeit, in der noch keine Tonne Kohlendioxid eingespart wurde und noch kein Land oder Kommune sich auf veränderte klimatische Bedingungen eingestellt hat.
Diese Verzögerungen verdeutlichen eine bereits heute vielfach bestehende Überforderung sowohl bei Gebereinrichtungen als auch in den Empfängerländern. Und die Herausforderung wird nicht kleiner, denn die Anzahl und Komplexität der Projektanträge werden in Zukunft noch stark zunehmen.
Hier kommt der Green Climate Fund (GCF) ins Spiel, dem eine wesentliche Rolle in der zukünftigen Vergabe von Klimaschutzmitteln zukommt. Er kann zunächst auf Finanzzusagen in Höhe von über zehn Milliarden US-Dollar zugreifen. Und viele Geber, unter ihnen auch Deutschland, haben weitere Mittel zugesagt.
Im November 2015 wurden die ersten von bislang 27 Klimaschutzvorhaben des GCF bewilligt. Das heißt: Auch im GCF verläuft der Bewilligungsprozess mehr als zäh. Selbst wenn eine Lernphase des neuen Funds zugestanden werden muss, bleibt festzustellen: Der Kapazitätsaufbau kommt nur langsam voran.
Dies gilt auch für die Einbindung der vom Klimawandel Betroffenen. Für den Direktzugang zu den Klimamitteln sind bisher lediglich zehn nationale Einrichtungen weltweit akkreditiert worden. Der Rest der interessierten Länder ist nach wie vor auf die Unterstützung durch internationale Partner angewiesen. Das führte bereits zu großem Unmut bei vielen Entwicklungsländern, wie zuletzt beim letzten Treffen des GCF Boards Ende Oktober in Songdo, Südkorea, wo der Fund seinen Sitz hat.
Eine Strategie für die verbesserte Einbindung wurde diskutiert, aber nicht beschlossen. Fortsetzung folgt.
Mit anderen Worten: Die Klimafinanzierung – als ein zentraler Baustein der Umsetzung internationaler Klimaschutzbemühungen – kommt viel zu langsam voran. So wird die internationale Klimapolitik schnell unglaubwürdig. Auf dem aktuellen Klimagipfel in Marrakesch haben dieUnterzeichner des Pariser Abkommens die Chance, das zu ändern.
Dennis Tänzler ist Direktor für internationale Klimapolitik bei der Berliner Denkfabrik adelphi. Er forscht zu Fragen der Klima- und Energiepolitik sowie zu Friedens- und Konfliktforschung.
Rocio Garcia ist Humboldt-Stipendiatin bei adelphi. Sie stammt aus Peru und hat bei den internationalen Klimaverhandlungenvon 2012 und 2015 als Mitglied der peruanischen Delegation die Frage von Marktmechanismen begleitet. Ihr gegenwärtiger Fokus liegt im Bereich der Klimafinanzierung.
Der Gastbeitrag "Klimaschutz: Keine Ausreden mehr" wurde am 8. November 2016 online publiziert. Wir veröffentlichen den Text an dieser Stelle mit freundlicher Genehmigung von ZEIT Online.