Im Jahr 2019 unternahmen zahlreiche Regierungen den Vorstoß in Richtung Klimaneutralität – durch die Festlegung von nationalen Zielen und politische Reformen. Laut dem „Emissions Trading Worldwide: Status Report 2020“ der International Carbon Action Partnership (ICAP) nehmen die globale Reichweite von Emissionshandelssystemen (EHS) und deren dadurch Ambitionen stetig zu, denn die Regierungen ziehen vermehrt Netto-Null-Emissionsziele in Betracht und berücksichtigen die Relevanz des Emissionshandels in ihrer Klimapolitik.
Der ICAP Status Report 2020 blickt auf die Entwicklungen der EHS weltweit in diesem wichtigen Jahr zurück. Vorgestellt werden Kennzahlen, Infografiken und detaillierte Factsheets aller EHS weltweit. Zudem befassen sich ausgewählte politische Entscheidungsträger und EHS-Experten in einer Reihe von Artikeln mit der Rolle des Kohlenstoffpreises für das Erreichen von Netto-Null-Emissionen sowie mit weiteren, damit zusammenhängenden, politischen Maßnahmen.
Mexiko führte im Januar 2020 eine verbindliche Pilotphase für sein EHS ein. Damit stieg die Anzahl der weltweiten EHS im Januar 2020 auf 21. Inzwischen gibt es damit EHS auf vier Kontinenten, wozu auch die etabliertesten Kohlestoffmärkte der Welt gehören: die Europäische Union (EU), Kalifornien, Québec und Neuseeland. Im letzten Jahr unternahmen diese Jurisdiktionen Reformen und neue Initiativen, wie beispielsweise eine Verknüpfung der EHS der EU und der Schweiz sowie der Start der Versteigerungen von Emissionsrechten im koreanischen EHS.
Diese Systeme decken einen immer größer werdenden Anteil der Weltbevölkerung, der Wirtschaftsleistung und der Treibhausgasemissionen ab. Ein Sechstel der Weltbevölkerung lebt in einer Region, in der ein EHS in Kraft ist. Diese Jurisdiktionen mit einem EHS machen nun 42 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus, während es vor einem Jahr noch 37 Prozent waren. Zusammen decken diese EHS außerdem neun Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen ab. Nach Schätzungen von ICAP werden bis 2021 vierzehn Prozent der globalen Emissionen unter ein EHS fallen, da mehr und mehr Systeme in Kraft treten. Vor allem Chinas EHS wird große Auswirkungen haben.
Die Preise der Emissionsrechte für alle bestehenden Systeme stiegen 2019 um durchschnittlich 22 Prozent. Dies sandte einerseits ein eindeutiges Preissignal an Emittenten, die dadurch zur Senkung ihrer Emissionen ermutigt werden. Andererseits wurden dadurch seit 2009 Einnahmen in Höhe von 78 Milliarden US-Dollar generiert. Diese Einnahmen werden genutzt, um den Klimaschutz durch Investitionen beispielsweise in erneuerbare Energien und Verkehr voranzutreiben und um sozial benachteiligte Gruppen zu kompensieren.
Weitere 24 Regierungen erwägen die Einführung von EHS, um ihre Klimaziele zu erreichen, oder sind aktiv dabei, ein EHS zu entwickeln; im ICAP Status Report 2019 waren es noch 18 Regierungen. Dieser Trend spiegelt sich auf verschiedenen Kontinenten und in verschiedenen EHS-Entwicklungsstadien wieder. In den USA verfolgen einzelne Bundesstaaten weiterhin die Einführung eines EHS, während eine Reihe nordöstlicher US-Bundesstaaten Schritte hin zu einem regionalen EHS für den Transportsektor unternommen haben: die Transportation and Climate Initiative (TCI). In Asien hat China im Jahr 2019 wichtige Schritte zur Einführung seines nationalen EHS durchgeführt. Weitere Länder zeigten großes Interesse an einem EHS, darunter Indonesien und Thailand. In Lateinamerika arbeitet Kolumbien derzeit an der Gestaltung eines zukünftigen EHS.
Der ICAP Status Report wird seit 2014 jährlich vom im Berlin ansässigen ICAP-Sekretariat veröffentlicht. ICAP bringt regionale, nationale und subnationale Regierungen sowie Behörden aus der ganzen Welt zusammen, um wichtige Aspekte zur Gestaltung von Emissionshandelssystemen zu diskutieren, unter anderem durch Fachdialoge zu technischen Aspekten von EHS und Wissensaustausch. Bestimmte Tools und Forschungsprodukte von ICAP stehen auf der ICAP-Website zur Verfügung. ICAP unterstützt auch den Aufbau von Kapazitäten in Ländern, die die Einführung von Emissionshandelssystemen erwägen oder derzeit entwickeln. 36 nationale und subnationale Regierungen sind ICAP seit der Gründung im Jahr 2007 beigetreten.