Bis 2030 will Deutschland 55 Prozent der Emissionen im Vergleich zu 1990 senken und bis 2045 soll das Land klimaneutral sein. Allerdings hat die Energiepolitik der letzten 30 Jahre zwar zu einer Erhöhung der bundesweiten Energieproduktivität um über 60 Prozent geführt, der Endenergieverbrauchs ist aber kaum gesunken. Dieses Phänomen ist besonders evident im Industriesektor, wo der Endenergiebrauch bei steigender Effizienz fast konstant geblieben ist. Rebound-Effekte können ein Faktor sein, der zu dieser Schere beiträgt und so umweltpolitischen Zielen entgegenwirkt. Mit einem Rebound-Effekt ist gemeint, dass Energieeffizienzsteigerungen die Nutzung von Energie attraktiver machen und somit zu einem Mehrverbrauch an Energie beitragen können. Bisher wurden Rebound-Effekte vor allem in Haushalten untersucht. Weniger Studien gibt es zu Rebound-Effekten in Unternehmen. Noch weniger gibt es empirische Untersuchungen, von Einflussfaktoren auf das Auftreten dieser Effekte.
Als Gegenstück zum Rebound-Effekt gilt der Reinforcement-Effekt, durch welchen es in Folge von Effizienzsteigerungen zu zusätzlichen Einsparungen kommt. Reinforcement-Effekte sind ökologisch und umweltpolitisch wünschenswert, da die sozio-ökologische Transformation und Energiewende vor dem Hintergrund in der Vergangenheit verpasster oder unterambitionierter Umweltziele beschleunigt werden muss.
Der vorliegende Beitrag untersucht Einflussfaktoren von Rebound-Effekten (und Reinforcement-Effekten) in Unternehmen und Mechanismen ihrer Entstehung empirisch.
In diesem Sinne werden folgende Forschungsfragen untersucht: 1. Welche Faktoren beeinflussen das Auftreten von Rebound-Effekten (und Reinforcement-Effekten) in Unternehmen? 2. Über welche Mechanismen treten Rebound-Effekte (und Reinforcement-Effekte) in Unternehmen auf?
Die Untersuchung zeigt, dass das Auftreten von Rebound-Effekten in Unternehmen vor allem mit der Unternehmensgröße, sowie der Verteilung der Entscheidungskompetenz über Energieeffizienzfragen im Unternehmen und auch den Unternehmenszielen zusammenhängt. Unternehmen mit stärkeren Ausprägungen dieser Merkmale verwenden die durch Energieeffizienzmaßnahmen (EEM) eingesparten Mittel („EEM-Slack“) häufiger für Produktionssteigerungen, was insbesondere direkte Rebound-Effekte mit sich führt. Noch häufiger verwenden Unternehmen diese Mittel allerdings für die allgemeine Unternehmensfinanzierung und dies scheinbar unabhängig von den Einflussfaktoren. Das macht die Identifikation und damit auch die gezielte Vermeidung von Rebound-Effekten schwierig. Da es erklärtes und priorisiertes Ziel der meisten Unternehmen ist, ihre Produktionskapazitäten zu erhöhen, ihre Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität zu steigern, liegt es darüber hinaus nahe, dass der EEM-Slack, der in die allgemeine Unternehmensfinanzierung fließt, energieintensiv verwendet wird. In diesem Sinne ist davon auszugehen, dass in Unternehmen vor allem indirekte Rebound-Effekte auftreten. Dass die Steigerung der Produktivität und auch Produktionssteigerungen priorisiert werden, übersetzt sich auch in interne Unternehmensprozesse rund um Energieeffizienzmaßnahme, die zu direkten Rebound-Effekten führen können. Der Ausbau der Produktionskapazität oder die Weitergabe der eingesparten Kosten an die Kund*innen durch geringere Preise in Folge einer Energieeffizienzmaßnahme wird in Unternehmen schon zusammen mit der Effizienzmaßnahme geplant. Der EEM-Slack wird dann von den für die Produktionssteigerungen nötigen Aufwendungen absorbiert.