Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR)
Prof. Dr. Henny Annette Grewe
Möglichkeiten der Ausgestaltung und einer Umsetzung eines nationalen Hitzeaktionsplans für Deutschland (NatHAP)
Problemstellung
Seit den 1970er Jahren treten Hitzewellen in Deutschland und Europa in immer größerer Häufigkeit und Intensität auf und es ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend fortsetzt. Hitze belastet die menschliche Gesundheit und kann zu schweren Erkrankungen u.a. des Herz-Kreislaufsystems und in extremen Fällen sogar zum Tod führen. Die Hitzewelle im Sommer 2003 in Europa, bei der europaweit 70.000 Menschen starben, war ein Anstoß für die Auseinandersetzung mit dem Thema. Extreme und langanhaltende Hitzeereignisse beeinträchtigen nicht nur die Gesundheit der Menschen erheblich, sondern stellen auch eine Herausforderung für das Gesundheitssystem dar. Daher sind spezielle Maßnahmen erforderlich, um Anpassungen an diese veränderten Bedingungen vorzunehmen und potenziellen Risiken und Gefahren wirksam entgegenzuwirken.
Vor diesem Hintergrund schreibt bereits der zweite Aktionsplan Anpassung (APA II) zur Umsetzung der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) im Jahr 2015 fest, dass eine Notwendigkeit zur Erstellung von Hitzeaktionsplänen (HAP) besteht - bestätigt durch den APA III (2020). Hitzeaktionspläne sind ein wirksames Instrument, um Menschen und Strukturen auf extreme Hitzeereignisse vorzubereiten und auf diese zu reagieren. 2008 formulierte die WHO einen Leitfaden zur Umsetzung von Hitzeaktionsplänen mit Fokus auf multiskalare Anpassungskonzepte. Auf dieser Grundlage wurden von Bund und Ländern 2017 „Handlungsempfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit“ erarbeitet. Diese bestehen in Anlehnung an die WHO-Leitlinie aus acht Kernelementen. Hierzu zählen neben Aufklärungsarbeit und Maßnahmen im Gesundheitssektor auch die Nutzung eines Hitzewarnsystems sowie Maßnahmen in den Bereichen Stadtplanung und Bauwesen.
Seit dessen Veröffentlichung wurden in Deutschland erste Hitzeaktionspläne auf kommunaler Ebene erstellt bzw. sind aktuell in Arbeit. Auch auf Ebene der Bundesländer sind inzwischen Aktivitäten in diesem Bereich festzustellen (z. B. Hessischer Hitzeaktionsplan). Parallel dazu werden auch die Möglichkeiten der Ausgestaltung und Umsetzung eines Hitzeaktionsplans auf nationaler Ebene in Deutschland diskutiert. Mit dem im zweiten Halbjahr 2023 gestarteten „NatHAP-Projekt“ (Laufzeit 2023 bis 2026) sollen im Auftrag des Bundesumweltministeriums und Umweltbundesamtes die Möglichkeiten und Ausgestaltung eines nationalen Hitzeaktionsplans aus fachlicher und rechtlicher Perspektive analysiert werden, um einen sowohl kurzfristig wie nachhaltig wirksamen gesundheitsbezogenen Hitzeschutz durch dessen Umsetzung zu verwirklichen. Auch die Aktivitäten zum Hitzeschutz des Bundesgesundheitsministeriums werden integrativ berücksichtigt.
Ziele
Im Rahmen des vorliegenden Forschungsvorhabens soll untersucht werden, inwieweit ein nationaler Hitzeaktionsplan für Deutschland inhaltlich ausgestaltet und rechtlich verankert werden könnte. Hierbei ist zu eruieren, welche Vorgaben auf nationaler Ebene sinnvoll wären und in die Zuständigkeit des Bundes fallen oder vom Bund rechtlich vorgegeben werden können. Bei der Analyse werden die Kommunen, Bundesländer sowie weitere Interessensgruppen und Bundesbehörden einbezogen. Es soll auch herausgearbeitet werden, wie Steuerungsmaßnahmen des Bundes, der Länder und der Kommunen zusammengreifen können, um insgesamt die Voraussetzungen für einen harmonisierten, effektiven Gesundheitsschutz gegenüber zunehmender Hitze zu gewährleisten.
Herangehensweise
Das Vorhaben gliedert sich in 5 Arbeitspakete (AP):
AP 1 hat zum Ziel, die Vorgehensweise in anderen Staaten sowie den Bundesländern und Kommunen bei der Umsetzung von nationalen, regionalen bzw. lokalen Hitzeaktionsplänen zu analysieren. Es soll den Hintergrund für die Arbeiten in den dann folgenden Arbeitspaketen bieten.
AP 2 umfasst die Analyse relevanter Aspekte der „Handlungsempfehlungen zur Erstellung von Hitzeaktionsplänen“ aus 2017 hinsichtlich ihrer medizinischen bzw. umwelthygienischen Wirksamkeit im Kontext des Schutzes der öffentlichen Gesundheit.
Gegenstand von AP 3 ist eine politikbezogene Analyse bzgl. der Umsetzbarkeit einzelner Maßnahmen eines Hitzeaktionsplans. Dabei berücksichtigen die Auftragnehmer verwaltungswissenschaftliche Aspekte sowie die Einordnung von Maßnahmen in bestimmte Politikfelder.
Im Rahmen von AP 4 soll die juristische Anbindung einzelner Maßnahmen an bereits bestehende bzw. möglicherweise zu schaffende rechtliche Strukturen analysiert werden. Darüber hinaus soll auch die Möglichkeit einer rechtlichen Grundlage für einen nationalen Hitzeaktionsplan eruiert und diskutiert werden.
Die AP 1 bis 4 werden jeweils durch eine Themenkonferenz begleitet, in der die relevanten Fragestellungen mit Fachleuten aus Wissenschaft und Verwaltung der jeweiligen Themenbereiche diskutiert werden sollen.
In AP 5 soll die Endprüfung und Synopsis der Ergebnisse aus den AP 1 bis 4 erfolgen. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob die analysierten und vorgeschlagenen fachlichen, politologischen und rechtlichen Aspekte der Maßnahmen ausgestaltbar und umsetzbar sind. Die Vorstellung der Ergebnisse soll im Rahmen von einer Abschlusskonferenz erfolgen.