Der Schutz und das Management der vier europäischen Großraubtierarten Europäischer Braunbär (Ursus arctos), Wolf (Canis lupus), Nordluchs (Lynx lynx) und Vielfraß (Gulo gulo) ist auf EU-Ebene eine der größten Herausforderungen des Artenschutzes. Zum einen liegt das an ihren biologischen Bedürfnissen, denn ihre natürlichen Reviere sind sehr groß und meist grenzüberschreitend. Zum anderen wird ihre Ausbreitung kontrovers diskutiert, da ihr natürliches Verhalten potenziell mit land- und forstwirtschaftlichen Aktivitäten sowie dem Jagdwesen in Konflikt steht. Nur in seltenen Fällen stellen diese Tiere eine Gefahr für Menschenleben dar.
Die Regenerierung von Habitaten auf lokaler Ebene, wachsende Beutetier-Populationen, die staatliche Förderung sowie eine vorteilhafte Gesetzgebung haben zur Erholung mancher Großraubtierbestände innerhalb der EU beigetragen. Nichtsdestotrotz bleibt das Thema kompliziert, da Populationen unterschiedlichen Schutzstatus und sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen ausgesetzt sind. Hinzu kommt, dass politische, sozioökonomische und gesellschaftliche Veränderungen herkömmliche Managementansätze in Frage stellen. Aus diesem Grund bleibt die enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Interessengruppen, die im Großraubtier-Management involviert sind, ein wichtiges Ziel der Europäischen Kommission. Dies spiegelt sich auch im EU-Aktionsplan für Menschen, Natur und Wirtschaft wider.
Im Juni 2014 rief die Europäische Kommission die EU-Plattform zur Koexistenz von Mensch und Großraubtieren ins Leben, um die sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen anzugehen, die die Wiederausbreitung von Großraubtierpopulationen mit sich bringt. Gemeinsam mit den Plattformteilnehmern wurde vereinbart, Maßnahmen für die Konfliktminderung, den Wissens- und Erfahrungsaustausch sowie die kooperative Zusammenarbeit zu fördern. Ein Jahr später wurde das Sekretariat der Plattform ins Leben gerufen, das von adelphi mit Callisto geleitet wird. Zu den Aufgaben des Sekretariats gehört die Erfassung von Fallbeispielen, welche die Koexistenz von Mensch und Großraubtier erleichtern, die Vernetzung mit regionalen und lokalen Plattformen, die Untersuchung von öffentlichen Unterstützungsmaßnahmen sowie die Erforschung des Themas Angst und Risikowahrnehmung gegenüber Großraubtieren. adelphi unterstützt zudem die Plattformmitglieder in der Umsetzung des Arbeitsprogramms und der gemeinsamen Kommunikationsstrategie, der Organisation der Jahrestreffen und regionalen Workshops sowie die Betreuung der Plattform-Website.