Worauf wir bei der COP29 achten sollten
News vom 11. Nov. 2024
News vom 10. Nov. 2023
In den Lieferketten des Schmuck- und Uhrensektors gibt es negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Mit dem Watch and Jewellery Rating 2023 zeigen der WWF und adelphi, was Unternehmen der Branche in Sachen Nachhaltigkeit erreicht haben und welche Best Practices sie zukünftig adaptieren sollten.
Glänzt die Uhren- und Schmuckindustrie in Sachen Nachhaltigkeit genauso wie ihre Produkte? Mit dieser Frage hat sich der World Wide Fund For Nature (WWF) bereits 2018 auseinandergesetzt und die Nachhaltigkeitsleistung Schweizer Unternehmen analysiert. 2023 bringt der WWF nun ein weiteres Watch and Jewellery Rating heraus, in dem 21 der weltweit bekanntesten Luxusuhren- und Schmuckmarken bewertet werden. Kleiner Spoiler vorweg: Keine der untersuchten Marken wurde in den beiden höchsten Kategorien eingestuft. Die Mehrheit konnte sich im Mittelfeld platzieren und einige Marken wie Tiffany & Co., Boucheron und Cartier wurden vom WWF als „ambitioniert“ kategorisiert.
Dennoch hat sich in der Industrie seit 2018 so einiges getan und der WWF ist bemüht darin, die Interessengruppen auf der Suche nach innovativen Lösungen zum Schutz der Umwelt einzubeziehen. Mit dem Rating will die Stiftung zeigen, wie ehrgeizige Unternehmen die derzeitige Situation in der Industrie verbessern wollen, was verantwortungsvolle Best Practices sind und wie die Auswirkungen des Sektors auf die Umwelt und Menschenrechte verringert werden können. Zur Sicherstellung der Unabhängigkeit wurde adelphi mit der Durchführung des Rating-Prozesses beauftragt. Das endgültige Rating basiert auf Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen sowie auf Antworten der Unternehmen auf einen für diesen Bericht zugeschnittenen Fragebogen.
Die Wichtigkeit dieses Ratings ist nicht zu unterschätzen: Der Gewinn und die Verarbeitung von Rohstoffen für die Uhren- und Schmuckindustrie, der Betrieb von Produktionsstätten und der Transport sind alle mit erheblichen Umweltauswirkungen und sozialen Risiken verbunden. Dazu gehören Luft- und Wasserverschmutzung, Bodenschädigung, Landnutzungsänderung und Abholzung von Wäldern. Die Verwendung von Chemikalien ist für die Zerstörung von Ökosystemen verantwortlich und hat enorme negative Auswirkungen auf Süßwasser, Wälder und die Tierwelt. Der Abbau und die Verarbeitung von Rohstoffen können mit Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- und Zwangsarbeit oder Landraub verbunden sein (WWF 2018).
Wie also können Schmuck- und Uhrenunternehmen dazu beitragen, ihren Sektor nachhaltiger zu gestalten? Der WWF und adelphi präsentieren im 2023 Watch and Jewellery Rating Bericht einige Best Practices in den Punkten Nachhaltigkeitsstrategie, Klimamaßnahmen, Biodiversitätsstrategie und Wassermanagement, Management von Menschenrechten, Kreislaufwirtschaft, Rückverfolgbarkeit und Transparenz in den Lieferketten sowie die Überwachung und Berichterstattung von Nachhaltigkeitsaktivitäten und der Einbindung von Stakeholdern. Dabei werden sowohl positive Beispiele der bewerteten Unternehmen herausgegriffen als auch auf innovative neue Player verwiesen, die mit besonders nachhaltigen Geschäftsmodellen arbeiten. Hier sind einige ausgewählte Highlights:
Die meisten der bewerteten Marken führen eine doppelte Materialitätsanalyse durch, um die wichtigsten Themen zu ermitteln, die die Grundlage für ihre Nachhaltigkeitsstrategien bilden. Das sollte Teil jeder Unternehmensstrategie werden. Darüber hinaus haben einige der bewerteten Marken damit begonnen, ihre Unternehmensführung umzustrukturieren und das Nachhaltigkeitsmanagement stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Nachhaltigkeit sollte eine Hauptpriorität auf der Agenda der Geschäftsleitung und in einen transparenten Governance-Rahmen eingebettet sein.
Die Kering Gruppe hat beispielsweise eine Methodik entwickelt, die sich auf die Messung und Quantifizierung der Umweltauswirkungen seiner Geschäftstätigkeit konzentriert. Daten zu Umweltauswirkungen wie Kohlenstoffemissionen, Wasserverbrauch, Luft- und Wasserverschmutzung, Landnutzung und Abfallproduktion entlang der Lieferkette werden in monetäre Werte umgewandelt, die einen Vergleich der Nutzung natürlicher Ressourcen ermöglichen.
Die Unternehmen legen zwar großen Wert auf die Bilanzierung von Treibhausgasemissionen und die Festlegung von Zielen, aber die Umsetzung umfassender Maßnahmen zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks kann noch verbessert werden. Sie müssen der Umsetzung wirksamer Minderungs- und Reduktionsstrategien entlang der gesamten Lieferkette Vorrang einräumen und ihre Maßnahmen an den Grundsätzen des Pariser Abkommens ausrichten. Zudem sollten sie sich zu ehrgeizigen Netto-Null-Zielen für die Jahre 2025-2030 verpflichten.
Ein gutes Beispiel für ehrgeizige Klimaziele ist beispielsweise Tiffany & Co. (zugehörig zur LVMH Gruppe). Das Unternehmen will bis 2040 Netto-Null-Treibhausgasemissionen erreichen und hat für dieses Ziel die externe Anerkennung der Science Based Targets Initiative (SBTi) erhalten.
Die Ergebnisse des Ratings zeigen auch, dass der Uhren- und Schmucksektor bei der Bestimmung und Bewältigung von Biodiversitätsrisiken hinterherhinkt. Eine Entwicklung und Umsetzung von Strategien zur Wasserbewirtschaftung sind vonnöten. Bei der Festlegung von kontextbezogenen Zielen sollten die Unternehmen die vom Science Based Targets Network definierte Hierarchie (Vermeiden, Verringern, Regenerieren, Verändern) befolgen. Bei all den Punkten ist es wichtig, dass der Uhren- und Schmucksektor mit Gleichgesinnten, Regierungen und Gemeinden zusammenarbeitet und seinen Einfluss nutzt, um sich für die Natur einzusetzen.
Die LVMH Gruppe hat damit begonnen, den ökologischen Fußabdruck ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu bewerten. Darüber hinaus gehören sowohl die LVMH Gruppe als auch die Kering Gruppe zu den ersten Unternehmen, die mit dem Science Based Targets for Nature Framework arbeiten, das darauf abzielt, die Maßnahmen der Unternehmen mit den internationalen Zielen zum Schutz der biologischen Vielfalt in Einklang zu bringen.
Schon bei der Produktgestaltung sollte an das Ende des Lebenszyklus gedacht und die Wiederverwendung von Materialien einkalkuliert werden. Auch sollten die Haltbarkeit und Reparierbarkeit verbessert werden. Unternehmen sollten die Recyclinganteile von Rohstoffen erhöhen oder alternative Materialien erwägen. Durch die Nutzung des immensen Potenzials der rasch expandierenden Secondhand-Märkte können Uhren- und Schmuckmarken der wachsenden Nachfrage der Verbraucher*innen nach nachhaltigeren Produkten gerecht werden.
Die Schweizer Uhrenmanufaktur ID Genève (nicht im Rating bewertet) fördert die Nutzung von wiederverwendeten und recycelten Teilen und konzentriert sich dabei auf die Auswirkungen der Materialien am Ende ihres Lebenszyklus. Die Uhren bestehen aus 100 Prozent recyceltem Edelstahl, aufgearbeiteten mechanischen Uhrwerken und 100 Prozent Grünabfall für die Armbänder.
Bisher haben die meisten Marken nur ein begrenztes Verständnis für die Herkunft der verwendeten Rohstoffe, für die Umstände ihrer Gewinnung oder Herstellung und für die Auswirkungen auf die Natur und die lokalen Gemeinschaften. Es braucht eine Kartierung der Herkunft aller wichtigen Rohstoffe sowie eine Analyse der sozialen und ökologischen Auswirkungen und Risiken.
Seit 2022 kann Breitling die Herkunft und den Weg der Rohmaterialien für die Uhr "Super Chronomat Automatic 38 Origins" mit allen Zwischenhändler*innen und Produzent*innen verfolgen. Mit dem Ziel einer 100-prozentigen Rückverfolgbarkeit von Diamanten bis zum Jahr 2025 konnte die Marke Tiffany & Co. 2021 bereits rund 97 Prozent der individuell registrierten Diamanten zu den vom Lieferanten genehmigten Minen zurückverfolgen.
Der Bericht zeigt darüber hinaus auf, was Unternehmen tun können, um Wasserrisiken besser zu managen, den Schutz von Menschenrechten im Betrieb und ihren Lieferketten sicherzustellen, die Überwachung und Berichterstattung von Nachhaltigkeits- und Menschenrechtsaktivitäten zu verbessern und durch eine optimale Einbindung von Stakeholdern das Thema Nachhaltigkeit branchenweit voranzutreiben.