Der Großteil der Umweltbelastungen von deutschen Unternehmen entsteht nicht am Standort in Deutschland, sondern in der Lieferkette. Das hat der "Umweltatlas Lieferketten" gezeigt, welcher im Rahmen eines Fördervorhabens des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) im Jahr 2017 von adelphi und Systain Consulting entwickelt wurde.
Anfang Juli 2018 startet eine Workshop-Reihe für Unternehmen in Deutschland, in denen mit ihnen Strategien zur Integration von Nachhaltigkeitspraktiken in ihre Lieferketten entwickelt werden sollen.
Wie diese Beratungen durch adelphi und Systain Consulting konkret aussehen und wie Unternehmen, vor allem kleinere, einen guten Einstieg in die Thematik finden, erklärt Daniel Weiss (adelphi) im Interview.
Warum sollten kleine und mittlere Unternehmen, ihre Lieferkette nachhaltig gestalten?
Daniel Weiss: Die Verantwortung für negative Umweltwirkungen in der Lieferkette tragen nicht allein große Unternehmen, für die das Auslandsgeschäft eine große Bedeutung hat. 99 Prozent der Unternehmen in Deutschland kommen aus dem Mittelstand, und auch sie sind in internationalen Import- und Exportstrukturen vernetzt: So sind beispielsweise 40 Prozent der deutschen KMU im Handel und im verarbeitenden Gewerbe auf Importe angewiesen. Kleine und mittlere Unternehmen sind außerdem in internationale Wertschöpfungsketten von Großunternehmen eingebunden. Sie haben dadurch ein enormes Potenzial Veränderungen im Ausland zu bewirken.
Darüber hinaus sind in den letzten Jahren die Anforderungen an Unternehmen hinsichtlich Transparenz, Informations- und Sorgfaltspflicht im Bereich Nachhaltigkeit beträchtlich gestiegen. Zwar greift die Berichterstattungspflicht im Rahmen des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes nur für bestimmte große Unternehmen. Dennoch ist zu erwarten, dass KMU auch in Zukunft zu nicht-finanziellen Themen berichten müssen, da große Unternehmen zunehmend Transparenz in ihrer Lieferkette fordern. Fazit: In Summe sind KMU ein wichtiger Schlüssel für die Nachhaltigkeit weltweit.
Welche Unternehmen werdet Ihr besuchen? Liegt der Fokus auf einer Branche?
Daniel Weiss: Uns ist viel daran gelegen, dass wir Unternehmen dabei unterstützen, bestehende Managementinstrumente für das nachhaltige Lieferkettenmanagement zu nutzen. Viele Unternehmen sind schon sehr gut aufgestellt, wenn es um das Umweltmanagement an den eigenen Standorten geht. Wir wollen mit den Unternehmen erarbeiten, wie sie bestehende Prozesse erweitern können, um beim nachhaltigen Lieferkettenmanagement möglichst effizient Wirkung zu entfalten. Deshalb suchen wir ganz gezielt den Kontakt zu Unternehmen, die bereits ein Umweltmanagementsystem nach EMAS implementiert haben.
Wir bieten alle Branchen der deutschen Wirtschaft Unterstützung an. Was alle Branchen verbindet, sind Prozesse zur Gestaltung und Optimierung einer nachhaltigen Lieferkette. Es gibt Abläufe, die für alle Unternehmen relevant und sehr ähnlich sind. Hier setzen unsere Workshops an und verbinden diese Prozessschritte mit konkreten Brancheninformationen.
In welchen Branchen sind die Herausforderungen besonders groß?
Daniel Weiss: Je nach Branche sind unterschiedliche Handlungsfelder für Unternehmen von Bedeutung. Diese Branchenprofile haben wir mit dem Umweltatlas erarbeitet und bilden die Basis der Workshops. Zwei Beispiele aus dem Umweltatlas: In der Lieferkette deutscher Maschinenbauunternehmen sind die Treibhausgas- und die Schadstoffemissionen neunmal so hoch wie an den deutschen Standorten. Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel verursacht nur drei Prozent seiner Treibhausgasemissionen tatsächlich in Deutschland.
Lieferketten können je nach Branche recht komplex sein. Was sind einfach umsetzbare Lösungen für kleine und mittlere Unternehmen?
Daniel Weiss: Ich nenne in den Beratungen immer zwei wichtige Punkte, mit denen kleinere Unternehmen gut starten können:
Verschaffen Sie sich einen Überblick über ihre Lieferanten. Stellen Sie die bezogenen Güter oder Dienstleistungen zusammen, beispielsweise nach Einkaufsvolumina und Herkunft. Mit diesen Informationen können sie bereits feststellen, inwieweit die Ergebnisse aus den Branchensteckbriefen im Umweltatlas Lieferkette zutreffen und welche Umweltthemen in der Lieferkette wesentlich sind. Dieses Wissen zu haben, ist von großem Vorteil. Nicht nur, um dann Maßnahmen zu entwickeln, sondern auch, um darüber mit Kunden und anderen Akteuren ins Gespräch zu kommen.
Suchen Sie nach Verbündeten und nutzen Sie bestehende Informationsquellen. In diversen Branchen gibt es beispielsweise bereits Initiativen zum nachhaltigen Lieferkettenmanagement. Auch Industrie- und Handelskammern sind gute Ansprechpartner. Man muss als Unternehmen also nicht bei Null anfangen.