Nach Baku - die COP braucht endlich wieder ein Heimspiel
Kommentar von Dennis Tänzler
News vom 16. Mai 2022
Mit der Initiative „New European Bauhaus“ will die EU schöne, nachhaltige und integrative Orte in ganz Europa (um)gestalten. Iva Radić-Capuani, Analystin im Bereich urbane Transformation und kommunaler Klimaschutz, erklärt, wie adelphi die Auswahl lokaler Projekte unterstützt.
Das New European Bauhaus macht den Europäischen Green Deal zu einer kulturellen, menschenzentrierten, positiven und greifbaren Erfahrung für alle. Die Initiative der Europäischen Kommission fördert dazu die Umgestaltung und Anpassung von Städten in ganz Europa. In einem Wettbewerb der kreativsten Ideen werden inspirierende transformative Projekte vor Ort unterstützt, die die drei sich ergänzenden Werte des New European Bauhaus fördern: Nachhaltigkeit, Ästhetik und Inklusion.
Gesucht werden 20 Projekte, die in ihrer Entwicklung bereits einen gewissen Reifegrad erreicht haben. Zum Beispiel sollte die Idee feststehen, welche Infrastruktur oder welcher öffentliche Raum genau umgewandelt werden soll.
Projekte, die zur Umsetzung der Prinzipien des New European Bauhaus in den folgenden vier Aktionsbereichen beitragen, können gefördert werden:
Die Zielgruppe sind Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohner*innen. Da diese in der Regel eher weniger Kapazitäten für die Durchführung solch ehrgeiziger Projekte haben, möchte die Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung (GD REGIO) der Europäischen Kommission insbesondere diese Kommunen fördern. Die besten Projektideen werden von hochrangigen Expert*innen verschiedener Disziplinen auf dem Weg zur Umsetzung gezielt unterstützt.
Der italienische Gewinner der New European Bauhaus Awards 2021: Das Festival Esseri Urbani im italienischen Locorotondo in der Kategorie „Mobilisierung von Kultur, Kunst und Gemeinschaften“
Iva Radić-Capuani: Als ich das erste Mal die Projektbeschreibung für das New European Bauhaus las, fand ich besonders den Aspekt der Ästhetik interessant. Bei adelphi reden wir ja viel über Nachhaltigkeit, was natürlich wichtig ist, aber die Tatsache, dass die Ästhetik einer der Kernwerte des Projekts darstellt, ist einfach großartig. Gemeint ist damit die Wichtigkeit von Stil über Funktionalität hinaus, aber auch die Erlebnisqualität von Orten. Letzteres bezieht sich unter anderem auf die sinnliche Wahrnehmung unserer Umwelt, unserer Städte. Da musste ich sofort an unsere ehemalige Kollegin Franziska Schreiber denken, die damals bei adelphi ein tolles Projekt durchgeführt hat. Bei diesem ging es um die Frage, wie wir als emotionale Wesen auf die Stadt reagieren und welche Bedeutung dieses Wissen für die Stadtplanung hat. Emotionen spielen eine wichtige Rolle in der Stadtentwicklung, und es ist gut, dass dies immer mehr erkannt wird!
Wir sind dafür zuständig, den gesamten Bewerbungs- und Auswahlprozess von Projekten zu steuern. Der wichtigste Teil unserer Arbeit war es, die gesuchten Vorstellungen so aufzuschlüsseln, dass größtmögliche Klarheit herrscht, was gesucht wird. Daraus ergibt sich alles Weitere: von den Fragen auf dem Bewerbungsformular über die Webseitentexte bis hin zu den Arbeitsanweisungen für Evaluator*innen.
Das haben wir. Und diese sollen nicht nur das komplexe Konzept des New European Bauhaus reflektieren. Die gesuchten Projekte sollen auch die Herausforderungen ihrer Region bewältigen helfen und von der angebotenen Unterstützung sinnvoll profitieren können. Deswegen fragen wir zum Beispiel auch das Projektdesign ab. Diese vielen Dimensionen einer perfekten Projektidee auszuarbeiten, war eine herausfordernde Aufgabe, die großen Spaß gemacht hat!
Die drei Werte des New European Bauhaus zu operationalisieren, war natürlich nicht einfach. Unter dem Schirm von New European Bauhaus laufen ja unglaublich viele Initiativen. Die vielen Akteur*innen dieser breiten Bewegung machen sich ihre Grundprinzipien zu eigen, interpretieren und entwickeln sie ständig weiter. So mussten unsere Kriterien das Konzept angemessen abbilden, aber auch für unsere spezifischen Zwecke funktionieren. Wir haben uns in diesem Prozess sehr eng mit der Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung (GD REGIO) und der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) der Europäischen Kommission abgestimmt.
Na ja, wie kann man zum Beispiel Ästhetik operationalisieren? Das ist eine so subjektive Sache, da ist es sehr wichtig, die richtigen Fragen zu stellen. Etwa wie: Schreibt sich das Projekt in die Vergangenheit und die soziokulturelle Gegenwart eines Ortes ein? Berücksichtigt es das Kulturerbe und die lokale Einzigartigkeit, das Ortsbewusstsein sozusagen, und fördert es, dass die Menschen auf ihren besonderen lokalen Kontext stolz sind? Wird die Ästhetik genutzt, um den Ort auf besondere Art erlebbar zu machen und den Geist des New European Bauhaus auf emotionaler Ebene zu vermitteln?
Die Ausführungen zu allen Kriterien kann man im Übrigen in den Richtlinien für Bewerber*innen nachlesen. Das ist vermutlich nicht nur für Bewerber*innen ein guter Weg, sich über New European Bauhaus zu informieren.
Die Projekte sollten außerdem zeigen, wie sie den jeweiligen Gemeinden zugutekommen, wie sie langfristig einen Mehrwert für die Bevölkerung und Region schaffen. Die Fragen lauten also: Inwiefern wird das Leben in der Gemeinde dauerhaft verbessert? Und geht der Impact des Projekts eventuell über die Verwaltungsgrenzen hinaus? Gut ist zudem, wenn das Projekt auch an einem anderen Ort verwirklicht werden kann. In die engere Auswahl kommen sie auch, wenn sie viele verschiedene Interessengruppen etwa aus der Zivilgesellschaft, insbesondere sozial schwache und benachteiligte Gruppen, Wissenschaft, Privatwirtschaft oder Medien bei der Planung und Durchführung miteinbeziehen. Zuletzt ist auch das Projektdesign entscheidend, ob es vielversprechend, zukunftsweisend konzipiert und überzeugend dokumentiert ist.
adelphi ist in erster Linie für das Management des Auswahlprozesses zuständig. Die genaue Auswahl wird von Expert*innen aus den Bereichen Stadtentwicklung, Stadtplanung und Architektur getroffen. Sie achten auch darauf, dass die jeweiligen Projekte ambitioniert versuchen, die drei Kernwerte des New European Bauhaus – also Nachhaltigkeit, Ästhetik und Inklusion – umzusetzen. Mit dieser Brille wählen sie schließlich die besten und kreativsten Projekte mit dem größten Potenzial aus.
Es gibt zwei Ebenen. Da haben wir zunächst die Evaluator*innen, das sind Expert*innen aus dem Konsortium aller Projektpartner. Sie erstellen eine Shortlist von Projekten, die in die engere Auswahl kommen. Danach gehen wir einen Schritt weiter: Eine Jury, die sich aus Expert*innen der GD REGIO und des JRC der Europäischen Kommission sowie externen Expert*innen zusammensetzt, wird aus dieser Liste 20 inspirierende Projekte final auswählen.
Den ausgewählten Projekten wird eine technische Hilfe angeboten. Das heißt, dass eine Gruppe von Expert*innen die Projektarbeit unterstützt. Als Erstes erfolgt eine Bedarfsanalyse, also was braucht das Projekt konkret. Dementsprechend wird das erforderliche Fachwissen zur Verfügung gestellt. Hierzu zählt beispielsweise technische Beratung, etwa Kostenschätzungen, Finanzierungsstrategien oder Rechtsberatung, oder auch Orientierung zur Einbeziehung von Interessengruppen, zum Beispiel durch Kartierung von Stakeholder*innen oder Bürger*innenbeteiligung.
Zum laufenden Call können wir natürlich noch nichts sagen, aber tolle Beispiele von abgeschlossenen Projekten finden sich auf der Webseite der New European Bauhaus Prizes. An diesem Wettbewerb können Projekte jährlich teilnehmen.
Nachdem die finalen Projekte ausgewählt worden sind, beginnt das zweite Arbeitspaket im Herbst. Dann wird entschieden, wer von den Expert*innen für welches Projekt zuständig sein wird, um gezielt technische Hilfe zu leisten. Und am Ende des Projekts werden dann schöne, nachhaltige und integrative Orte in ganz Europa gefeiert.
Die Frist für die Einreichung von Projektideen für die New European Bauhaus Initiative wurde bis zum 30. Mai 2022 (MESZ 14:00) verlängert. Wie Sie sich bewerben können, erfahren Sie in diesem Video.