Worauf wir bei der COP29 achten sollten
News vom 11. Nov. 2024
Insight von Dr. Nils Simon
Die Zeichen mehren sich, dass im Februar 2022 der Startschuss für Verhandlungen über ein weltweites Abkommen gegen Plastikverschmutzung fällt. In einem im Fachmagazin Science veröffentlichten Beitrag haben wir zusammen mit anderen Expert*innen drei Kernziele formuliert und weitere unterstützende Maßnahmen aufgeführt, die ein solcher zwischenstaatlicher Umweltvertrag benötigt, um effektiv gegen die Plastikflut vorzugehen.
Es ist kaum noch eine Frage ob, sondern allenfalls wann und in welcher Form es zu einem weltweiten Abkommen gegen Plastikverschmutzung kommt. Auf der fünften UN-Umweltversammlung (UNEA 5.1.) im Februar diesen Jahres haben zahlreiche Staaten ihre Unterstützung für ein neues UN-Abkommen ausgedrückt. Für weiter reichende Beschlüsse boten die online geführten Verhandlungen keinen geeigneten Rahmen.
Doch die zum Handeln entschlossenen Staaten halten den Druck hoch. Bereits 79 Regierungen haben die Plastic Pollution Declaration unterstützt. Diese wurde zum Oceans Day am 1. Juni 2021 veröffentlicht und fordert einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag gegen Plastikmüll. Am 1. und 2. September lädt zudem Deutschland gemeinsam mit Ghana, Ecuador und Vietnam zu einer virtuellen Minister*innen-Konferenz für ein globales Plastikabkommen ein. Die Konferenz wird den Endspurt bis zur entscheidenden UN-Umweltversammlung im Frühjahr 2022 einläuten, der UNEA 5.2. Bereits im Mai 2021 hatten Peru und Ruanda angekündigt, auf eben dieser UNEA eine Resolution einzubringen, die das Mandat für den Beginn zwischenstaatlicher Verhandlungen erteilt. Umweltschutzorganisationen und zahlreiche Unternehmen fordern ohnehin seit Jahren eine verbindliche Konvention – anders lässt sich das Problem nicht bewältigen.
Wie aber müsste ein wirksamer Vertrag aussehen, der die wachsende Menge an Plastikmüll in der Umwelt in den Griff bekommt? In unserem Beitrag in Science legen wir drei Kernziele dar:
In der Vergangenheit ist Plastik auf internationaler Ebene zumeist als Problem der Meere und als Abfall-Thema behandelt worden. Damit aber lässt sich die zunehmende Flut an Kunststoffmüll in der Umwelt nicht eindämmen. Ein neues Umweltabkommen muss den gesamten Lebenszyklus von Plastik umfassen, vom Design über Herstellung, Weiterverarbeitung, Handel und Gebrauch bis zur Entsorgung einschließlich des Recyclings. Das Ziel muss eine sichere, saubere Kreislaufwirtschaft für Plastik werden.
Wie bei internationalen Abkommen üblich, braucht ein Plastikabkommen eine Reihe unterstützender Maßnahmen. Staaten sollten zur Erfüllung der Ziele ehrgeizige Pläne entwickeln, sogenannte National Plastic Pollution Prevention Plans, oder kurz N4Ps. Diese Pläne sollten durch ein Peer Review geprüft werden, ob sie zur Zielerfüllung geeignet sind. Dann braucht es ein sorgfältiges Monitoring über den Fortschritt. Schließlich drängt die Zeit, bei fast 400 Millionen Tonnen Plastik, die jedes Jahr und zum größten Teil aus fossilen Rohstoffen neu produziert werden.
Das Abkommen braucht zudem einen Finanzierungsmechanismus: dieser muss Entwicklungsländer dabei unterstützen, geeignete Gesetze auf den Weg zu bringen und umzusetzen. Hierzu sollten die größten Verursacher des Problems auch den größten Beitrag leisten. Weiterhin ist eine funktionierende Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik erforderlich: aktuelle Forschungsergebnisse müsse in politische Entscheidungsprozesse einfließen und die wissenschaftliche Community muss den Wissenschaftsbedarf der Politik kennen. Die Ausgestaltung eines solchen Science-Policy-Interface haben wir hier beschrieben.
Schließlich sollte den Verhandelnden klar sein, dass ein neues Plastikabkommen die klaffenden Lückenbestehender Übereinkommen und freiwilliger Aktionspläne schließen muss. Es braucht einen übergreifenden Handlungsrahmen mit starken Zielen und Maßnahmen, der weltweit gilt und besonders die großen Produzenten abdeckt. Wenn das gelingt, kann ein Plastikabkommen nicht nur die Umwelt schützen und soziale und ökonomische Folgeschäden zu verhindern. Es wird auch dazu beitragen, wirtschaftliche Chancen zu schaffen, Innovationen zu fördern und milliardenschwere Investitionen etwa in der Recyclingwirtschaft zu bewegen. Die bisherige Wegwerfgesellschaft ist ökonomisch ebenso wie ökologisch nicht länger tragbar.